„Das Handwerk bleibt im Krisenmodus“

von Redaktion

VON MARTIN PREM

München – Gemessen an den massiven Einbrüchen in der Industrie, könnte man das Handwerk auf einer Insel der Seligen wähnen. Die Branche kam in Bayern im dritten Quartal mit einem Umsatzminus von zehn Prozent davon, auch in Oberbayern gingen die Umsätze im Handwerk im entsprechenden Zeitraum um zehn Prozent zurück. Das ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Umfrage, unter den Mitgliedern des Bayerischen Handwerkstages beziehungsweise der Handwerkskammer für München und Oberbayern.

Dolch in Wahrheit ist auch die Lage im Handwerk dramatisch. „Der Ausbruch der Corona-Pandemie mit dem folgenden Shutdown in Deutschland hat auch das Handwerk im Kammerbezirk und dem gesamten Freistaat schwer getroffen und dem langen Konjunkturaufschwung unseres Wirtschaftsbereichs ein jähes Ende bereitet“, sagte Franz Xaver Peteranderl, Präsident beider Institutionen am Freitag in München.

Denn die Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig. Gerade noch elf Prozent der oberbayerischen Handwerksbetriebe blicken optimistisch in die Zukunft. Immerhin gehen noch 65 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung aus, 24 Prozent erwarten eine Verschlechterung. Das ist insofern bemerkenswert, als mit dem dritten Quartal eigentlich der Aufschwung beginnen sollte. Auch im Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe, die bisher relativ glimpflich durch die Krise kamen, erwarten in Oberbayern mittlerweile 20 beziehungsweise 18 Prozent der Befragten schlechtere Geschäfte. Im Handwerk für den gewerblichen Bedarf sind es 26 Prozent, im Kfz-Handwerk 38 Prozent und bei den verbrauchernahen Dienstleistern sogar 41 Prozent. Am geringsten ist die Zahl der Pessimisten noch im Lebensmittelhandwerk mit 16 Prozent.

„Das Handwerk wird auch in den kommenden Monaten im Krisenmodus arbeiten müssen“, sagte Peteranderl, der nicht mehr mit einer schnellen Erholung der Wirtschaft rechnet. Für das Gesamtjahr erwartet er in Oberbayern im besten Fall ein Umsatzminus von 3,5 Prozent.

Stark betroffen von der Krise waren nahezu alle Sektoren des Handwerks, insbesondere Friseure, für die wochenlang gar kein Geschäft mehr möglich war. Aber beispielsweise auch Uhrmacher oder Goldschmiede, denn Luxusartikel waren im Krisenmodus kaum mehr gefragt.

Trotz aller Hiobsbotschaften kam die Krise bisher nicht bei den Beschäftigten an. „Die Unternehmen wissen, wie wichtig gut ausgebildete Fachkräfte sind und tun alles dafür, sie zu halten“, so Peteranderl. Ende Juni waren geschätzt 307 700 Personen im oberbayerischen Handwerk beschäftigt, lediglich 0,5 Prozent weniger als vor Jahresfrist. „Wir sind optimistisch, dass wir ohne allzu große Arbeitsplatzverluste durch die Krise kommen“, sagte Peteranderl.

Große Sorgen macht Peter-anderl der Ausbildungsmarkt. Nicht, weil es zu wenige Stellen gäbe. Im Gegenteil: Bis Ende Juni wurden knapp 10 800 neue Lehrverträge abgeschlossen, 15,9 Prozent weniger als bis Ende Juni 2019. Es waren aber noch 6700 Ausbildungsplätze in den Lehrstellenbörsen nicht besetzt. Peteranderl hofft nun, dass die Lücke auch auf die späten Abschlussprüfungen im laufenden Jahr zurückzuführen ist und sich bis September schließt.

Doch die Corona-Krise ist nur eine Sorge, die die Handwerker in Oberbayern umtreibt. Die andere ist die Verkehrssituation in der bayerischen Landeshauptstadt. 42 Prozent der Handwerker haben große Schwierigkeiten, nach oder durch München zu kommen. Und 75 Prozent halten die Parkplatzsituation in der Stadt für mangelhaft oder ungenügend. Ärgerlich nicht nur für Handwerker, sondern für die gesamte Volkswirtschaft ein Verlust. „Dies führt zu einem Rückgang von Geschäftstätigkeit und Wertschöpfung“, sagte Peteranderl.

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