Pflegekosten treiben viele in die Armut

von Redaktion

München – Von den 128 133 Menschen, die in Bayern stationär gepflegt werden, sind 43 930 Sozialhilfeempfänger – das sind 34,3 Prozent. Damit liegt Bayern nur knapp unter dem Bundesdurchschnitt, der bei 36,3 Prozent (876 867 Plätze/318 580 Sozialhilfeempfänger) liegt.

Ein Grund für diese Entwicklung sind die explodierenden Kosten in der Pflege. In Bayern ist die durchschnittliche finanzielle Belastung eines Pflegebedürftigen allein in den letzten beiden Jahren um 252 Euro gestiegen – von 1766 Euro auf 2018 Euro. Die Folge: Bei immer mehr Bürgern reicht die Rente nicht mehr, um die Heimkosten zu decken. Sie rutschen in die Sozialhilfe oder sind dazu gezwungen, mit ihren Ersparnissen die Kostenlücken zu schließen. Hier führt der Anstieg der Pflegekosten aber dazu, dass die Rücklagen weit schneller dahinschmelzen als vielleicht ursprünglich einmal berechnet.

Und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, angesichts der Entwicklung der Renten rechnet der Sozialverband VdK damit, dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger in den Pflegeheimen weiter in die Höhe schnellt. Es sei denn, die Bundesregierung reagiert auf die Entwicklung. Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, forderte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dazu auf, „ein Maßnahmenpaket gegen steigende Eigenanteile“ vorzulegen. Bartsch: „Mittelfristig brauchen wir eine Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen und wo alle Pflegeleistungen übernommen werden.“ Das fordert auch der VdK. Im Sozialverband fürchtet man, dass hohe Heimkosten viele Ältere dazu veranlassen könnten, auf die von ihnen dringend benötigte Pflege zu verzichten und lieber zu Hause durchzuhalten – zum Beispiel, um den Kindern das Erbe zu retten. „Viele schämen sich auch“, so Bettina Schu-berth, Sprecherin des VdK Bayern, „wenn sie am Ende ihres Lebens ein Sozialfall werden.“

Kinder dürfen zwar seit 1. Januar 2020 von den Sozialämtern nur noch dann für den Unterhalt der Eltern zur Kasse gebeten werden, wenn ihr Einkommen über 100 000 Euro brutto im Jahr liegt, aber niemand weiß, wie viel Angehörige trotzdem zuschießen, schon allein, um ihren Lieben die Angst und Scham zu ersparen, vor dem Sozialamt alles offenlegen zu müssen.

Wer nämlich die Pflegekosten nicht mehr selbst aufbringen kann, muss sogar seine Sterbeversicherung auflösen, die den Angehörigen die Beerdigungskosten ersparen sollte. Erst danach zahlt das Sozialamt.

WOLFGANG DE PONTE

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