Gastronomie fürchtet den Winter

von Redaktion

„Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes“ – Debatte um Heizpilze und dauerhafte Schanigärten

München – Auch nach der Wiedereröffnung von Restaurants, Cafés und Hotels bangen zahlreiche Betreiber wegen der Corona-Krise um ihre Existenz. Wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga gestern mitteilte, gaben in einer Umfrage mehr als die Hälfte (59,6 Prozent) der teilnehmenden Betriebe an, ums wirtschaftliche Überleben zu kämpfen. Die Umsätze liegen demnach weit unter den Vorjahreswerten – für das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Rückgang von im Schnitt 51 Prozent.

Für die Analyse befragte der Verband vom 3. bis 10. August 7200 Gastronomen und Hoteliers. Von Januar bis Juli beklagten die Betriebe demnach durchschnittliche Umsatzverluste von 60,1 Prozent. Besonders dramatisch fiel das Minus dabei mit 86,8 Prozent im April aus.

Ein Grund dafür, dass auch im weiteren Jahresverlauf Umsatzverluste erwartet werden, sind laut Dehoga unter anderem die coronabedingten Vorschriften. Aufgrund der Abstandsgebote sei die Kapazität der Betriebe um durchschnittlich 42 Prozent eingeschränkt.

Zugleich sei das aktuelle Bild in der Branche „sehr heterogen“, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. „Während die Restaurants und Hotels in den Urlaubsregionen Zuversicht schöpfen, ist die Lage der Betriebe in vielen Städten weiter katastrophal.“ Touristen aus dem Ausland und vor allem Geschäftsreisende fehlten. Messen, Kongresse und Tagungen fänden immer noch nicht statt. Besonders dramatisch stelle sich auch die Lage bei den Diskotheken und Clubs dar, für die es immer noch keine Öffnungsperspektive gebe, erklärte Zöllick.

Um eine „Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes zu verhindern“, forderte der Verband eine Verlängerung der Kurzarbeitergeld-Regelung, die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke, eine Verlängerung der Überbrückungshilfen sowie eine gesetzliche Regelung zur coronabedingten Pachtminderung. „Denn die Krise ist noch längst nicht vorbei“, erklärte Zöllick. „Die Angst vor dem Winter ist groß.“

Das gilt auch für Betriebe im Freistaat. „Für Bayern und Oberbayern zeigt die Umfrage recht ähnliche Ergebnisse“, sagte Karolina Wojdyla, Sprecherin des Dehoga Bayern. Anders gesagt: Auch hier kämpft mehr als jeder zweite Betrieb ums Überleben. „Lediglich in den Urlaubsregionen geht es langsam bergauf“, sagte Wojdyla. In bayerischen Städten sei die Situation aber weiterhin schwierig.

Beispiel München: Um Schlimmeres zu verhindern, hat die Stadt kurzerhand rund 800 Parkplätze entfernen lassen und damit handstreichartig fast 4000 zusätzliche Sitzplätze in Cafés, Restaurants und Wirtshäusern geschaffen – zumindest für die Sommermonate. Inzwischen fordert die CSU im Münchner Stadtrat, Wirte sollten die Parkplätze auch in den kalten Monaten für den Straßenverkauf oder sogar für Eisstockbahnen nutzen können. Diskutiert wird auch, das Verbot von Heizpilzen in der Landeshauptstadt zu lockern. Geht es nach Münchens Zweiter Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne), sollen die „Schanigärten“ in der Stadt dauerhaft bleiben.

Der Branche käme das entgegen, sie profitiert vom Parkplatz-Ausschank. „Wir sehen einen ersten positiven Effekt“, sagte Dehoga-Sprecherin Wojdyla, schränkt aber ein: Solche Maßnahmen allein würden die Existenzprobleme vieler Wirtinnen und Wirte nicht lösen. Die Lage bleibe prekär. afp/sh

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