Corona-Hilfen gehen in die Verlängerung

von Redaktion

Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen für Unternehmen – Fördertöpfe noch gefüllt

VON HOLGER GÖPEL UND ANDREAS HOENIG

Berlin – Die wirtschaftliche Erholung in der Corona-Krise hat noch längst nicht alle Branchen erfasst – und drohende neuerliche Einschränkungen sorgen für Verunsicherung. Um eine riesige Pleitewelle und einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, will die Bundesregierung bei den Corona-Hilfen nachsteuern. Der Arbeitsminister will eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, der Wirtschaftsminister den Mittelstand weiter unterstützen. Dabei geht es um Milliardenbeträge. In dieser Woche könnten wichtige Entscheidungen fallen.

Kurzarbeitergeld

Beim Koalitionsausschuss am morgigen Dienstag wollen die Spitzen der Regierung unter anderem über die Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Ich werde dem Koalitionsausschuss vorschlagen, dass wir die Brücke der Kurzarbeit zunächst über den Jahreswechsel hinaus verlängern und sie im Jahr 2021 dann Stück für Stück zurückführen.“ Die Bundesregierung arbeite daran, die nötigen Rechtsänderungen im September auf den Weg zu bringen. Konkret gehe es ihm um eine Verlängerung der Laufzeit von Kurzarbeit von bisher 12 auf bis zu 24 Monate im einzelnen Betrieb.

Das Bundesarbeitsministerium schlägt laut „Bild am Sonntag“ auch vor, die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes zu verlängern. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent. Die Bundesregierung hatte in der Corona-Krise aber beschlossen, das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Ab dem vierten Monat wird es nun auf 70 beziehungsweise 77 Prozent erhöht, ab dem siebten Monat auf 80 beziehungsweise 87 Prozent. Im Gespräch ist, damit eine Qualifizierung der Beschäftigten zu verbinden. Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate könnte zwischen fünf und zehn Milliarden Euro kosten, schrieb die „BamS“.

Überbrückungshilfen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) macht sich derweil für eine Verlängerung der Überbrückungshilfen für den Mittelstand bis Ende des Jahres stark. Gerade der Mittelstand und seine Beschäftigten bräuchten weiterhin dringend Hilfe, um die schwierige Zeit zu überstehen. In den von den Einschränkungen besonders betroffenen Bereichen sei die Lage weiter ernst. Die staatlichen Überbrückungshilfen laufen bisher bis Ende August. Die Antragsfrist war bis Ende September verlängert worden, also sind Zahlungen auch rückwirkend möglich. Für die Zuschüsse an die Firmen hat der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant.

Unterstützt werden sollen vor allem kleine und mittelständische Firmen aus Branchen wie der Reisewirtschaft, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder den Schaustellern, die weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben. Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einem Betrag von insgesamt 150 000 Euro über drei Monate. Die Zuschüsse müssen später nicht zurückgezahlt werden.

Bilanz

Bisher wurden bei den Überbrückungshilfen rund 38 000 Anträge gestellt und ein Fördervolumen von über 700 Millionen Euro beantragt, wie es im Wirtschaftsministerium hieß. Damit ist noch viel Geld aus dem Milliardentopf nicht abgeflossen.

Die Antragszahlen stiegen täglich an und würden gerade von kleinen und mittleren Unternehmen stark nachgefragt, hieß es. Rund 94 Prozent der Anträge seien aktuell von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten gestellt worden. Rund 30 Prozent der Anträge kämen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, zehn Prozent aus der Tourismuswirtschaft, weitere vor allem aus dem Kulturbereich sowie der Veranstaltungsbranche. Die Bundesregierung hatte zuvor bereits milliardenschwere Rettungsprogramme beschlossen, etwa Sonderkredite und Soforthilfen für Kleinstfirmen. Damit soll verhindert werden, dass Firmen das Geld ausgeht und Jobs vernichtet werden. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland war im zweiten Quartal eingebrochen. Für das Gesamtjahr wird die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte erwartet.

Warnungen

Angesichts der wieder steigenden Zahl der Neuinfektionen wird in der Wirtschaft eindringlich vor der Gefahr eines zweiten Lockdowns gewarnt. Der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, sagte der dpa: „Das wäre wirtschaftlich gesehen eine Katastrophe. Es besteht dann die Gefahr einer dauerhaften Abschwächung des Wachstums.“ Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi befürchtet ohne eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds massive Jobverluste in der Corona-Krise. „Dann drohen im Dienstleistungsbereich Entlassungen in hohem Maß“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke.

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