München – Es ist ein hartes Jahr für die Wirtschaft, und das merken jetzt auch die Schulabgänger. Laut Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Ausbildungsverträge deutlich zurückgegangen. Zum Start des Azubi-Jahres sind 101 000 Stellen gemeldet – das sind sieben Prozent weniger als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig haben sich rund 70 000 Bewerber gemeldet, die auf der Suche nach einer Lehrstelle sind – 6,4 Prozent weniger als 2019.
Von ihnen haben noch 10 600 Bewerber keinen Platz gefunden – dabei gibt es noch etwa 32 000 offene Stellen. Theoretisch stünden zwar jedem Bewerber drei freie Ausbildungsstellen zur Verfügung – dabei stellt sich aber die Frage, ob diese auch den Wünschen der jungen Leute entsprechen.
Die meisten wollen Kaufleute für Büromanagement werden – dafür haben sich knapp 4700 Bewerber aus Bayern gemeldet. Auf Platz zwei folgt der Beruf der medizinischen Fachangestellten, dicht gefolgt von Kfz-Mechatronikern. Die meisten offenen Stellen gibt es mit aktuell 7000 allerdings für jene, die gerne im Einzelhandel arbeiten möchten.
„Jugendliche sollten sich nicht entmutigen lassen, wenn sie am 1. September noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben“, sagt Klaus Beier, Vize-Chef der bayerischen Arbeitsagenturen. „Unternehmen stellen Azubis auch noch nach dem regulären Ausbildungsstart ein.“ Auch Harald Gerster von der Bayerischen Handwerkskammer (HWK) hofft noch auf viele Bewerbungen in den kommenden Wochen. „Wir denken, dass sich wegen Corona alles nur um ein paar Monate nach hinten verschoben hat“, sagt er. In Oberbayern liege die Zahl der Ausbildungsverträge im Handwerk bislang bei zehn Prozent unter dem Vorjahresmonat. „Die Monate März und April haben fast den ganzen Ausbildungsmarkt zum Erliegen gebracht.“ Dabei sei genau das die Phase, in der die HWK sonst in Schulen und auf Messen den Kontakt zu Schülern sucht und Verträge abgeschlossen werden.
„Es gibt noch in allen Bereichen freie Stellen“, sagt Gerster. „Vor allem im Baubereich wird dringend gesucht – etwa Maler oder Elektroniker.“ Etwas knapper könnten Stellen hingegen in den Berufen sein, die besonders stark von der Krise betroffen waren – etwa Friseure oder Kfz-Mechatroniker. Trotzdem müsse man sich in der Berufswahl nicht umentscheiden. „Es ist noch nicht zu spät. Azubis können auch mitten im Jahr starten.“ Bewerben könnten sich Jugendliche etwa online in der HWK-Lehrstellenbörse oder direkt vor Ort im Betrieb.
Die Münchner Industrie- und Handelskammer (IHK) weist auch darauf hin, dass noch jeder Schulabgänger eine Ausbildung beginnen kann. „Die Betriebe haben lange gewartet, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt“, sagt Mareike Ziegler von der IHK. „Aber jetzt werden wieder mehr Ausbildungsverträge angeboten.“ Vor allem Teile des Einzelhandels, die Hotellerie und die Gastronomie suchten noch händeringend nach Azubis. Ihr Tipp: „Vielleicht klappt es ja mit der einen Stelle nicht“, sagt sie, „aber wir haben über 200 Berufe. Da findet sich sicher für jeden etwas.“ KATHRIN BRAUN