Aachen/Hannover – Continental will wegen der Absatzkrise und des Strukturwandels in der Autoindustrie noch mehr Standorte schließen als bisher bekannt. In Aachen soll bis Ende 2021 das Reifenwerk dichtgemacht werden, bestätigte das Dax-Unternehmen am Dienstag nach entsprechenden Informationen aus der Gewerkschaft IG BCE. Betroffen wären 1800 Stellen. Endgültig beschlossen sei dies aber noch nicht.
Der mit hohen Verlusten kämpfende Zulieferer hatte erst Anfang September angekündigt, seinen laufenden Sparkurs zu verschärfen. Die Reifensparte gilt bisher allerdings als vergleichsweise profitabel. Aus der IG BCE kam daher heftige Kritik an den Plänen: „Der Kahlschlag ist weder mit der Transformation der Autoindustrie zu begründen, noch mit der Corona-Krise“, erklärte das Vorstandsmitglied der Gewerkschaft, Francesco Grioli. „Das ist schlicht Streichen um des Streichens Willen.“
Autobauer hatten ihre Fabriken im zweiten Quartal rund um die Welt wochenlang gestoppt, weil auch die Autohäuser wegen der Coronavirus-Gefahr schließen mussten und die Händler keine Fahrzeuge verkaufen konnten. Abrufe bei den Zulieferern wurden ebenfalls auf Eis gelegt. Conti hängt aber nicht nur mit Autozulieferteilen direkt von der Autoproduktion ab, sondern auch im Reifengeschäft mit der Erstausstattung neuer Autos.
Am stärksten waren die Umsatzeinbrüche bei den Hannoveranern im Geschäft unter anderem mit Elektronik, Sensorik und Bremssystemen, aber auch in der Antriebssparte. Das Geschäft mit Reifen und Kunststofftechnik kam etwas glimpflicher davon.
Im Rahmen seines Sparprogramms hatte das Management gerade seine Kürzungspläne konkretisiert und verschärft. An etlichen bedrohten Standorten geht es bisher aber vor allem um andere Geschäftsbereiche. Für das Werk Babenhausen in Hessen etwa hatte Continental bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die dortige Produktion von Steuerungsinstrumenten für Pkw bis 2025 zu beenden. Das Werk in Karben mit 1100 Beschäftigten steht nach Angaben der Arbeitnehmervertreter ebenfalls auf der Streichliste. Im thüringischen Mühlhausen will sich Conti ebenso vom dortigen Standort trennen. Im bayerischen Roding soll 2024 die Produktion eingestellt werden. Auch in Italien und den USA stehen Werke auf dem Prüfstand.
Zuletzt ging Conti davon aus, dass es weltweit Auswirkungen auf 30 000 der über 232 000 Arbeitsplätze gibt. „Das heißt, sie werden dabei verändert, verlagert oder aufgegeben.“ 13 000 der fraglichen Jobs seien in Deutschland angesiedelt. JAN PETERMANN