München – Die Corona-Krise bringt auch das Internet an seine Belastungsgrenze. Noch nie war problemloses Surfen so wichtig wie jetzt; und noch nie waren Unternehmen, Schulen und Universitäten so abhängig von schnellem Internet wie in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling. Aber vor allem im ländlichen Raum haben langsame Verbindungen Betriebe ausgebremst: Laut einer neuen Studie der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) haben zwei Drittel der bayerischen Unternehmen Schwierigkeiten mit den Mobilfunkverbindungen im Home- oder Mobile Office.
Trotzdem sagt vbw-Chef Bertram Brossardt: „Während des Lockdowns haben die Netze dem gestiegenen Bedarf deutlich besser standgehalten als von vielen erwartet.“ Damit meint er vor allem das Festnetz: Zum ersten Mal seit Jahren sei die Zufriedenheit der bayerischen Unternehmen mit der Kapazität des Festnetzes gestiegen. Das wertet man als Sieg – auch wenn die Zufriedenheitsquote der Betriebe gerade mal bei 51 Prozent liegt. „Nicht so rosig“ sei hingegen die Stimmung bei den Unternehmen, die in den kommenden drei Jahren mehr Netzleistung benötigen, sagt Brossardt. „Hier sind 58 Prozent unzufrieden.“
Was den Breitbandausbau betrifft, stehe Bayern aber im deutschlandweiten Vergleich gut da, sagt Finanzminister Albert Füracker (CSU). „Über 96 Prozent der bayerischen Haushalte haben schnelles Internet“, sagt er. Damit liegt Bayern über dem Bundesdurchschnitt. „2013 waren es nur 60 Prozent.“ Schnelles Internet – damit meint Füracker eine Geschwindigkeit von 30 Megabit pro Sekunde.
Die vbw hat allerdings schon seit Längerem eine flächendeckende Versorgung bis 2020 mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde gefordert. Davon sei man „noch ein Stück entfernt“, meint Brossardt – momentan liegt die Quote im Freistaat bei 85,7 Prozent der Haushalte.
Ein noch weiterer Weg sei die Versorgung aller Unternehmen mit Glasfaser – die fordert die vbw bis 2023. „Bis dahin ist es noch ein langer Weg“, sagt Brossardt. Glasfaseranschlüsse seien momentan nur für 15,3 Prozent der bayerischen Haushalte verfügbar. Damit liege Bayern zwar auf Rang drei der Bundesländer – im internationalen Vergleich aber weit hinter führenden Nationen wie Südkorea oder Japan.
Dennoch sei es „bemerkenswert“, dass rund die Hälfte der Haushalte und der Gewerbestandorte in Bayern über Bandbreiten jenseits von 1000 Megabit die Sekunde verfügt. „Allerdings ist das stark städtisch geprägt“, ergänzt Brossardt.
Ein Beispiel für den stockenden Breitbandausbau auf dem Land ist der oberbayerische Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Neun Prozent der Haushalte haben hier nicht einmal eine Internetverbindung mit 16 Megabit pro Sekunde – eine Geschwindigkeit, bei der das Abspielen von hochauflösenden Videos problematisch wird. Eine Bandbreite mit 50 Megabit pro Sekunde fehlt hier gut 20 Prozent der Haushalte. Das ist eines der Ergebnisse aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen.
Besorgniserregend sei vor allem die Verfügbarkeit von 5G-Netzen in Deutschland, sagt Brossardt. 73 Prozent der Unternehmen – und damit zwölf Prozent mehr als im Vorjahr – fühlten sich durch das unzureichende Mobilfunknetz beeinträchtigt. „2025 muss 5G lückenlos verfügbar sein!“, appelliert Brossardt. Vor allem jetzt, da zum Beispiel die Nutzerquote von Videokonferenzen in diesem Jahr von 26 auf 64 Prozent angewachsen sei. „Hier herrscht enormer Handlungsdruck, und die internationale Konkurrenz schläft nicht“, sagt der vbw-Chef.