Berlin – Die lange Leidensgeschichte des neuen Berliner Großflughafens BER neigt sich dem Ende zu. „Am 31. Oktober – 2020 – wird der BER eröffnet“, versichert Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. Die Jahreszahl hat er nach etlichen Verzögerungen beim Bau des Airports wohl zur Sicherheit eingefügt. Man weiß ja nie. Schließlich wurden 2012 bei der letzten geplanten Eröffnung schon einmal zigtausende Ehrengäste inklusive der Bundeskanzlerin kurzfristig wieder ausgeladen.
Auf ähnlichen Pomp will der Airport diesmal verzichten. „Es gibt keine große Party“, kündigt der Manager an, „wir machen einfach auf.“ Demnach werden am 31. Oktober gegen 14 Uhr zeitgleich zwei Flieger landen. Auf der einen Landebahn kommt eine Maschine von Easyjet, auf der anderen eine der Lufthansa zu Boden. Den ersten Start gibt es einen Tag später durch Easyjet.
Ein bisschen gefeiert wird doch, aber ein paar Kilometer weiter nördlich. Dort können die Berliner Abschied vom alten Flughafen Tegel nehmen. Tegel wird nach über 50 Jahren geschlossen. Eine Woche nach der Eröffnung des BER ist Schluss. Am 8. November hebt eine Maschine der Air France zum Flug nach Paris ab. Ein Symbol. Denn der Flughafen liegt im ehemaligen französischen Sektor der einst in vier Sektoren der Siegermächte des zweiten Weltkriegs geteilten Hauptstadt.
Damit geht die Skandalgeschichte um Pfusch am Bau, Fehlplanungen, eine Verdreifachung der Kosten und jede Menge geschasster Manager und Planer noch nicht ganz zu Ende. 5,96 Milliarden Euro hat der Bau gekostet. Darin enthalten sind allein 770 Millionen Euro für den Lärmschutz in rund 20 000 Haushalten. Geradezu legendär waren die Schwierigkeiten mit der Brandschutzanlage, intern nur „das Monster“ genannt. Inzwischen soll alles funktionieren. „Wir haben uns geschämt“, gesteht Lütke Daldrup. Der BER habe Deutschland zur Lachnummer gemacht.
Finanziell geht das Desaster weiter. In diesem Jahr braucht die Flughafengesellschaft weitere 260 Millionen Euro von den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und dem Bund. Wie viel die Eigentümer in den kommenden Jahren zuschießen müssen, ließ der Airport-Chef offen. Denn die Corona-Krise hat dafür gesorgt, dass der BER zur Eröffnung kaum ausgelastet sein wird. 36 Millionen Passagiere kamen 2019 mit dem Flugzeug nach Berlin – nach Frankfurt und München das dritthöchste Aufkommen in Deutschland. Davon ist die Hauptstadt derzeit weit entfernt. „Wir rechnen im Winterhalbjahr mit 20 bis 25 Prozent der Gäste, die wir vorher hatten“, sagt Lüdke Daldrup.
Technisch sei der BER auf dem modernsten Stand, versichern die Betreiber. Drei Terminals sowie zwei Start- und Landebahnen stehen zur Verfügung. Terminal 2 wird aufgrund der Flaute im Geschäft erst im kommenden Frühjahr eingeweiht. Dazu kommt noch ein Extra-Terminal für die Regierungsmaschinen. Denn auch Staatsgäste können nicht mehr in Tegel landen. Einstweilen ist beim BER also Bescheidenheit angesagt – und das gilt nicht nur für die geplante Eröffnung im Oktober. Die Flughafengesellschaft muss sparen. Von den 2200 Beschäftigten sollen 400 gehen. WOLFGANG MULKE