Kabel-TV könnte sich verteuern

von Redaktion

Millionen Mieter betroffen

VON SEBASTIAN HÖLZLE UND WOLF VON DEWITZ

München/Düsseldorf – Mieter müssen fürs Kabelfernsehen in Zukunft womöglich deutlich mehr Geld bezahlen. Grund ist eine geplante Gesetzesänderung. Die Regel trifft aber nicht alle gleichermaßen: Wer den Kabelanschluss nicht nutzt, kann dann von geringeren Mietnebenkosten profitieren.

Bislang gilt: Hat der Vermieter mit einem Kabelnetzbetreiber einen Vertrag zu günstigen Konditionen abgeschlossen, empfangen Mieter für vergleichsweise wenig Geld die gesamte Programmpalette – von öffentlich-rechtlichen Programmen wie ARD und ZDF bis hin zu Privatsendern wie RTL und ProSieben. Der Vermieter stellt die Gebühren allen Haushalten anteilig über die Nebenkosten in Rechnung, in der Regel weniger als zehn Euro im Monat. „Die Umlagefähigkeit garantiert mehr als 12 Millionen Haushalten ein kostengünstiges und besonders vielfältiges Fernsehangebot“, sagt Thomas Braun vom Kabelnetzbetreiber-Verband Anga. Jetzt steht diese Regelung aber auf der Kippe.

Lineares Fernsehen, bei dem sich der Zuschauer nach dem Programm richten und zu einer bestimmten Uhrzeit einschalten muss, gerät angesichts von Streamingdiensten ohnehin etwas aus der Mode. Das Ende der Zahlpflicht von Mietern für einen Fernsehanschluss könnte diesen Trend noch verschärfen.

Was plant die Bundesregierung genau?

Noch ist nichts beschlossen, aber die Pläne von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sehen vor, die Umlagefähigkeit der Kabelfernsehkosten abzuschaffen. Die Idee dahinter: Bislang sind alle Mieter einer betroffenen Wohnanlage gezwungen, jeden Monat die Kabelfernsehkosten zu bezahlen, selbst wenn sie den Fernsehanschluss überhaupt nicht nutzen – aufs Jahr sind das für die Betroffenen schnell um die 100 Euro, ohne, dass sie dafür eine Gegenleistung erhalten. „Mieter sollen künftig nur noch für die Dienste bezahlen, die sie auch tatsächlich nutzen“, begründet das Wirtschaftsministerium daher seinen Vorschlag.

Müssen diejenigen, die den Kabelanschluss weiter nutzen wollen, in Zukunft mehr Geld bezahlen?

Das ist möglich, sofern das Gesetz wie geplant beschlossen wird. Werden Einzelverträge eingeführt, würde der Preis angesichts von höheren Verwaltungskosten deutlich steigen, heißt es etwa von Vodafone. Aktuell kostet ein Vertrag bei Vodafone 18 Euro und damit mehr als das Doppelte des Umlagepreises. Auch der Düsseldorfer Volkswirt Justus Haucap rechnet mit einer Verteuerung. „Die niedrigen Preise gibt es ja nur, weil alle mitmachen – je mehr aussteigen, desto teurer würde es“, sagt er. Der Professor war einst Chef der Monopolkommission, der die Umlagefähigkeit – auch Nebenkostenprivileg genannt – ein Dorn im Auge war. Inzwischen sieht Haucap aber weniger Reformbedarf als früher, schließlich seien die Fernsehpreise gesunken. Ein Zeichen des Wettbewerbs, sagt er.

Wie schätzt die Regierung die Preisentwicklung ein?

Das Wirtschaftsministerium rechnet auch bei einem Wegfall des Nebenkostenprivilegs weiterhin mit günstigen Preisen. Ihr Argument: Durch die Neuregelung entsteht mehr Wettbewerb, der am Ende zu günstigen Preisen führt.

Wie reagiert die Opposition?

Unterschiedlich. Reinhard Houben von der FDP-Bundestagsfraktion weist darauf hin, dass Hartz-IV-Empfänger von der geplanten Regel besonders betroffen wären. Denn bisher übernimmt das Amt deren Mietnebenkosten. Fielen die Kabelfernsehkosten heraus, müssten die Bezieher staatlicher Sozialleistungen das Geld selbst bezahlen. Sein Bundestagskollege Ralph Lenkert von der Linken ist ebenfalls dagegen. Er fordert eine Garantie zum kostenlosen Empfang öffentlich-rechtlicher Sender für Jedermann. Sogar aus den Reihen der Regierungskoalition kommt Kritik. So wertet der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, die Abschaffung der Umlagefähigkeit als „problematisch und keineswegs die sozial gerechtere Lösung“. Auch aus den Bundesländern und von Landesmedienanstalten werden Bedenken geäußert. Letztere warnen vor Reichweitenverlusten beim Fernsehempfang und negativen Auswirkungen auf die Angebotsvielfalt.

Was sagen die Vertreter der Mieter?

Sie fordern einen Kompromiss: Der Mieterbund ist dafür, die Umlagefähigkeit grundsätzlich beizubehalten, schließlich gebe es viele zufriedene Mieter, die dank der Mengenrabatte weniger Geld für ihre Anschlüsse bezahlen. Diejenigen Mieter, die keinen Kabelanschluss wollen, sollten gleichzeitig aber die Möglichkeit haben, von den Kosten befreit zu werden, sagt Mieterbund-Chef Lukas Siebenkotten. „Dann hätten alle Mieter tatsächlich die Wahl, vom wem sie TV und Internet beziehen wollen.“

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