München – Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wächst die Sorge vor einem erneuten Herunterfahren der Wirtschaft. „Wenn es zu einem zweiten Lockdown kommen sollte, in einer Intensität, wie wir ihn im Frühjahr hatten, würde das zu ähnlichen wirtschaftlichen Folgen führen“, sagte der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, am Donnerstagabend im Münchner Club Wirtschaftspresse und verwies auf den Einbruch des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal um zehn Prozent.
„Die Politik muss besser verstehen: Was hat im Lockdown wirklich was gebracht?“ Der IfW-Chef kritisierte, dass dies längst hätte geschehen müssen. „Da gab es Versäumnisse im Sommer, weil man die Maßnahmen nicht evaluiert hat.“ In Deutschland sei gar nichts passiert. Felbermayr verwies beispielsweise auf die flächendeckenden Schulschließungen und deren unklaren Nutzen in der Pandemiebekämpfung. „Acht Prozent der Arbeitskräfte haben schulpflichtige Kinder, und Homeschooling ist eine Belastung für den Arbeitsmarkt“, warnte Felbermayr. Weiter sagte er: „Wir müssen auch vermeiden, dass es wieder zu Grenzschließungen kommt.“
Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts, hält schärfere Corona-Regeln indes für denkbar. Es müsse jetzt auch aus wirtschaftlicher Sicht die erste Priorität sein, die Infektionen einzudämmen, sagte er der „FAZ“. „Die Frage ist doch: Können wir uns eine lange Infektionswelle leisten? Ich würde sagen, nein.“ SEBASTIAN HÖLZLE