„Die Erholung steht auf wackeligen Füßen“

von Redaktion

VON SEBASTIAN HÖLZLE

München – Nach dem Einbruch im Frühjahr befindet sich das oberbayerische Handwerk auf Erholungskurs. Wie aus der jüngsten Konjunkturumfrage der Handwerkskammer für München und Oberbayern hervorgeht, hat sich die Stimmung in den Betrieben im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal spürbar verbessert. 48 Prozent der befragten Betriebe – also fast die Hälfte – bezeichneten ihre Lage als gut. 32 Prozent meldeten zufriedenstellende Geschäfte. Damit sind mehr als 80 Prozent der oberbayerischen Handwerksfirmen mindestens zufrieden. Das sind zwar 13 Prozentpunkte weniger als im gleichen Zeitraum vor einem Jahr, aber sieben Punkte mehr als zwischen April und Juni dieses Jahres.

Kammer-Präsident Franz Xaver Peteranderl warnte aber vor zu viel Optimismus: „Die Erholung der Wirtschaft steht weiterhin auf äußerst wackeligen Füßen“, sagte er. Die Corona-Krise sei noch lange nicht ausgestanden. „Damit die Unternehmen Umsätze erwirtschaften, Menschen beschäftigen und junge Leute ausbilden können, muss ein zweiter Shutdown wie im Frühjahr unbedingt verhindert werden.“

Die auf den ersten Blick positiven Durchschnittszahlen der Umfrage täuschen auch darüber hinweg, dass bestimmte Branchen besser durch die Krise kommen als andere. „Bei den Bau- und Ausbauhandwerken, die weiterhin über große Auftragsreserven verfügen, meldeten 97 beziehungsweise 89 Prozent eine gute beziehungsweise zufriedenstellende Geschäftslage“, sagte Peteranderl. Gemeint sind unter anderem alle Baufirmen sowie Zimmerer, Dachdecker, Fliesenleger und Elektriker.

Anders sieht es bei Betrieben aus, die in der Handwerkskammer als „verbrauchernahe Dienstleistungen“ geführt werden. Darunter fallen etwa Augenoptiker, Orthopädietechniker, Kosmetikstudios und Friseursalons. Bei diesen Dienstleistern sind gerade einmal 45 Prozent der Betriebe mindestens zufrieden mit der Geschäftslage. „Auch wenn die intakte Baukonjunktur derzeit die Gesamtentwicklung im Handwerk stabilisiert, stecken Industriezulieferer, das Kfz-Handwerk und die privaten Dienstleister weiterhin in der Krise“, sagte Peteranderl. Viele Betriebe müssten weiterhin kämpfen, um über die Runden zu kommen.

Kritik übte Peteranderl an Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das Recht auf Homeoffice per Gesetz zu verordnen. „Der bayerische Handwerkstag lehnt dies strikt ab“, sagte der Kammer-Präsident. Außerdem forderte Peteranderl von der Stadt München ein Verkehrskonzept, das unter anderem „Wirtschaftsverkehrszonen zum Liefern und Leisten“ vorsieht.

Aber wäre es für Handwerker nicht ein willkommener Nebeneffekt, wenn in Bürometropolen wie München ein Homeoffice-Gesetz die Straßen entlasten würde? Peter-anderl sagte, während des Lockdowns im Frühjahr sei es für Handwerksfahrzeuge tatsächlich einfacher gewesen, durch die Stadt zu kommen. Er sei auch nicht per se gegen das Homeoffice, sondern gegen eine entsprechende staatliche Regelung. „Den Arbeitsort festzulegen, ist originäre Aufgabe des Arbeitgebers“, betonte er.

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