Siemens Energy plant kleinen Kohleausstieg

von Redaktion

VON SEBASTIAN HÖLZLE

München – Sechs Wochen nach dem Börsengang von Siemens Energy hat Vorstandschef Christian Bruch dem Unternehmen eine Kehrtwende verordnet: Das Unternehmen werde sich mit sofortiger Wirkung nicht mehr an neuen Ausschreibungen für Kohlekraftwerke beteiligen, kündigte Bruch gestern auf der Bilanzpressekonferenz in München an.

Eine Art kleiner Kohleausstieg: Denn bestehende Verträge sollen weiterhin erfüllt werden, bekräftigte Bruch. Damit können etwa die indonesischen Kohlemeiler Jawa 9 und 10 weiterhin mit der Lieferung von Turbinen rechnen. Auch an Kohleprojekten mit einer Kraft-Wärme-Kopplung sowie an der Wartung bestehender Kohlekraftwerke will Siemens Energy festhalten. „Wenn jemand in einem bestehenden Kraftwerk einen Serviceauftrag bestellt, werden wir den weiter fortführen“, sagte Bruch. „Das ist eine schrittweise Reduktion.“

Das Geschäft mit Gaskraftwerken ist vom neuen Klimakurs nicht betroffen. „Wir werden für eine Übergangszeit Energieträger, allen voran Erdgas, benötigen“, sagte Bruch. „Das globale Energiesystem wird nicht über Nacht klimaneutral werden, auch wenn wir das alle wollen.“

Unklar ist, was das allmähliche Kohle-Aus für die Beschäftigten bedeutet. Siemens Energy prüfe „eingehend und mit der gebotenen Sorgfalt, welche konkreten Folgen dieser Schritt für die betroffenen Standorte und deren Mitarbeiter haben wird“, hieß es lediglich. Wirtschaftlich dürfte der kleine Kohleausstieg verkraftbar sein. Zwar sei das Kohlegeschäft profitabel, wie Bruch betonte, gemessen am Gesamtumsatz macht es aber nur einen „einstelligen Prozentsatz“ aus.

Zur Einordnung: Rund 30 Prozent des Konzernumsatzes stammen aus dem Windkraftgeschäft, verantwortlich dafür ist die spanische Tochter Siemens Gamesa. Etwa 20 Prozent des Umsatzes liefert die Stromübertragungstechnik, weitere 20 Prozent stammen aus Industrieanwendungen. Die restlichen rund 30 Prozent Umsatz entfallen auf das Gas- und Kohlegeschäft, wobei der Anteil der Kohle laut Bruch gering ist.

Insgesamt lag der Umsatz im Geschäftsjahr 2020, das bei Siemens Energy Ende September endete, bei 27,5 Milliarden Euro – fünf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Unterm Strich stand ein Verlust von 1,9 Milliarden Euro. Der Grund waren vor allem Abschreibungen auf das Gasturbinengeschäft, wie Bruch erläuterte. Auch die Abspaltung vom Siemens-Konzern verursachte hohe Kosten.

Für das laufende Geschäftsjahr ist Bruch aber optimistisch. Er rechnet wieder mit steigenden Umsätzen. Ob 2021 unterm Strich aber ein Gewinn oder wieder ein Verlust stehen wird, ließ Bruch offen. Auch ist ungewiss, was auf die Beschäftigten des Energie-Konzerns zukommt. Bruch verwies lediglich auf „interne Gespräche“, die aktuell mit Arbeitnehmervertretern geführt würden.

Die Aktie von Siemens Energy gab gestern zeitweise knapp vier Prozent nach.

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