Bald dreimal Siemens im Dax?

von Redaktion

VON JÖRN BENDER, CLAUDIA MÜLLER UND SEBASTIAN HÖLZLE

Frankfurt/München – Der Dax bekommt neue Regeln. Der Absturz des einst als Börsenstar gefeierten Zahlungsdienstleisters Wirecard hat den Finanzplatz Deutschland aufgeschreckt. Nach Bilanzfälschung, Betrugsvorwürfen und Insolvenz der Wirecard AG hatte die Deutsche Börse festgestellt, es gelte nun, „das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu stärken“. Nun wird einiges anders. Die auffälligste Veränderung: Der Dax bekommt Zuwachs. Von September 2021 an spielen 40 statt 30 Konzerne in der ersten deutschen Börsenliga. Der MDax der mittelgroßen Werte wird im Gegenzug zwei Jahre nach seiner Erweiterung wieder von 60 auf 50 Unternehmen reduziert.

Ein Ziel der Reform: Der Leitindex soll repräsentativer werden. Der Dax werde jetzt „die größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland noch umfassender abbilden“, betonte die Börse. Lange wurde der Dax von vier Branchen dominiert: Chemie, Autoindustrie, Energie und Finanzdienstleistungen. Das Problem: Gerät eine Branche unter Druck, lähmt das den gesamten Index.

Neu aufnehmen in den Dax will die Börse künftig nur noch profitable Firmen. Pleitekandidaten und Konzerne, die ihrer Pflicht zur fristgerechten Veröffentlichung von Zwischenberichten nicht nachkommen, sollen nichts mehr im Dax verloren haben.

Schon während der Beratungen über die vorgeschlagenen Veränderungen gab es skeptische Stimmen. Es sei anzunehmen, „dass durch die Profitabilitätsanforderungen gerade jungen und wachstumsstarken Unternehmen, denen es allerdings noch an entsprechenden Gewinnen fehlt, der Zutritt zum Börsen-olymp verwehrt“ bleibe, so Analysten des Vermögensverwalters Flossbach von Storch. Beispiel Delivery Hero: Der Essenslieferant ersetzte Mitte August Wirecard im Dax. Allerdings: Delivery Hero hat seit seiner Gründung 2011 noch nie Geld verdient. Die gute Nachricht für den Dax-Neuling: Wer bereits im Leitindex vertreten ist, wird aufgrund der verschärften Regeln nicht rausgeworfen.

Zwölf der 30 Konzerne sind seit dem Dax-Start am 1. Juli 1988 ohne Unterbrechung im Dax gelistet: Allianz, BASF, Bayer, BMW, Daimler (zuvor Daimler-Benz), Deutsche Bank, Eon (2006 entstanden aus Veba und Viag), Henkel, Linde, RWE, Siemens und Volkswagen.

Durchgefallen ist der Vorschlag, Unternehmen auszuschließen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung umstrittener Waffen machen. Dies wäre zum Beispiel für den derzeit im MDax notierten Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus zum Problem geworden. Airbus kann sich Hoffnungen auf einen Dax-Aufstieg machen.

Zumal in Zukunft allein die Marktkapitalisierung für eine Aufnahme in den Dax entscheidend ist und nicht, wie bisher, zusätzlich der Börsenumsatz. Mit einem Index-Gewicht von fast fünf Prozent im Dax 40 wäre Airbus damit auf einen Schlag eines der Schwergewichte – noch vor der Telekom und Daimler.

Nach derzeitiger Rechnung können sich unter anderem auch die MDax-Konzerne Siemens Healthineers aus Erlangen, Knorr-Bremse aus München und Puma aus Herzogenaurach Hoffnungen auf eine Dax-Mitgliedschaft machen.

Gut stehen die Chancen auch für den Börsenneuling Siemens Energy. Damit wäre der Name Siemens dreimal im Dax vertreten.

Möglich, dass neben den zehn Favoriten (siehe Tabelle) weitere Konzerne das Rennen machen. Denn einige Dax-Unternehmen – etwa MTU aus München – müssen selbst im Dax 40 um einen Verbleib bangen. Profitieren davon könnte etwa der Großküchenhersteller Rational aus Landsberg am Lech. Eine Dax-Mitgliedschaft ist theoretisch denkbar, sofern die Aktie weiterhin gut läuft. Anders sieht es für die Lufthansa und die Commerzbank aus: Den beiden Dax-Gründungsmitgliedern bleibt der Wiederaufstieg nach derzeitiger Rechnung verwehrt. Sie bleiben wohl auch nach der Reform im Herbst 2021 im MDax.

Artikel 2 von 4