München – Ungeachtet düsterer Warnungen vor einer bevorstehenden Pleitewelle gibt es in der Corona-Krise einen Lichtblick: Die deutschen Regionalbanken zeigen sich widerstandsfähig. Bislang gibt es bei Volks- und Raiffeisenbanken sowie den Sparkassen weder große Kreditausfälle noch eine dramatische Erhöhung der Risikovorsorge, wie die jeweiligen Bundesverbände berichten. „Die Regionalbanken sind letztlich ein Fels in der Brandung“, sagt Heinz-Gerd Stickling, Bankenfachmann beim Beratungsunternehmen zeb in Münster.
Mehrere große Banken haben in den vergangenen Monaten die Risikovorsorge für potenziell faule Kredite stark erhöht, darunter die Commerzbank und mehrere Landesbanken. Nach den Rezessionen der Vergangenheit kamen die Insolvenzwellen in der Regel erst, als die Talsohle der jeweiligen Krise bereits durchschritten war. „Auch dieses Mal werden die Unternehmensinsolvenzen ihren Höhepunkt im Aufschwung finden, das heißt 2021/22“, sagt zeb-Experte Stickling.
„Unter Modellannahmen dürften die Wertberichtigungen in den kommenden Quartalen stark zunehmen und im zweiten Quartal 2021 ihren höchsten Wert annehmen“, heißt es bei der Bundesbankt.
Damit wären die Wertberichtigungen ungefähr so hoch wie während der globalen Finanzkrise 2009. Die Bundesbank ist aber optimistisch: „Dennoch sollte der deutsche Bankensektor, insbesondere die Sparkassen und Kreditgenossenschaften, aufgrund seiner soliden Eigenkapitalausstattung in der Lage sein, diesen Anstieg an Wertberichtigungen zu verkraften.“
Die regionalen Häuser kommen bisher offensichtlich gut durch die Krise. Die Sparkassen würden in der Lage sein, „ihr Eigenkapital aufzustocken beziehungsweise neue Reserven für den weiteren Pandemieverlauf anzulegen“, sagt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Und beim Bundesverband der Raiffeisenbanken und Volksbanken (BVR) heißt es: „Bis jetzt sind nur sehr vereinzelt höhere Kreditrisiken bei Firmenkunden der Genossenschaftsbanken erkennbar.“ Nach Bundesbank-Zahlen funktioniert die Kreditvergabe in Deutschland in der Corona-Krise bislang uneingeschränkt.
„Es heißt immer, dass eine große Insolvenzwelle auf uns alle zurollen werde, und diese besonders die Kunden der Regionalbanken treffen werde“, sagt Jürgen Gros, der Präsident des bayerischen Genossenschaftsverbands. „Das ist so nicht erkennbar.“
Doch warum ist die Lage bei den Regionalbanken offensichtlich weniger düster als von manchen Auguren befürchtet? „Die Covid-19 Rezession unterscheidet sich sehr stark von klassischen Rezessionen“, meint zeb-Ban-kenexerte Stickling.
Normalerweise geht einer Rezession eine längere Wachstumsschwäche voraus, sodass viele Firmen zu Beginn der eigentlichen Rezession bereits nicht mehr bei vollen Kräften sind.
„Die Covid-19 Rezession kam quasi über Nacht und ohne Vorwarnung und sie ist eigentlich eine Rezession in Zeitlupe, weil es Rettungspakete in historischer Dimension gibt, die vieles abfedern und verzögern“, sagt Stickling. „Im Vergleich zur Dotcom-Krise 2000 und zur großen Finanzmarktkrise 2008 sind sowohl die Unternehmen als auch die Banken mit sehr viel mehr Eigenkapital ausgestattet und deutlich robuster.“
Regionalbanken betreuen vor allem mittelständische Kunden, die in Summe von der Corona-Krise bislang weniger hart getroffen wurden als große Industrie- und Dienstleistungskonzerne.
So ist der sowohl für Sparkassen als auch Volks- und Raiffeisenbanken wichtige Wohnungsbau kaum beeinträchtigt. Die sprichwörtlichen Häuslebauer mörteln unverdrossen.
„Allein bei den Wohnungsbaukrediten verzeichnen die (bayerischen) Institute seit Anfang des Jahres bis Ende September auf Seite der Privatkunden ein Wachstum von durchschnittlich fast sieben Prozent“, sagt GVB-Präsident Gros. Ein zweiter Faktor: „Eine der wichtigsten Kundengruppen der regionalen Kreditgenossenschaften ist das Handwerk, und die meisten Handwerker haben volle Auftragsbücher“, sagt GVB-Präsident Gros. „Das Bauhandwerk ist nach wie vor voll ausgelastet. Viele andere Handwerker kamen mit den Corona-Hilfen gut über die Runden.“ Der kleinere Mittelstand im produzierenden Gewerbe sei nach dem ersten Lockdown relativ schnell wieder ins Arbeiten gekommen und von den aktuellen Einschränkungen auch nicht betroffen.