Berlin – Wer sich angesichts hoher staatlicher Kaufprämien ein Elektroauto zulegt, liegt im Trend – die Neuzulassungen eilen Monat für Monat von Rekord von Rekord. Doch hält das Ladenetz damit Schritt? Je nach Region kann es passieren, dass die nächste öffentliche Ladestation weit entfernt liegt. Und an den Ladepunkten kommen noch sehr unterschiedliche Preismodelle zum Einsatz. Nicht gerade kundenfreundlich – und problematisch für die Bundesregierung.
Deswegen auch machte der Branchenverband VDA zu einem Spitzentreffen von Bundesregierung und Wirtschaft Druck: Um das Ziel von einer Million öffentlicher Ladepunkte bis 2030 zu erreichen, seien künftig rund 2000 neue öffentliche Ladepunkte pro Woche nötig, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Aktuell würden nur rund 200 neue Ladepunkte im öffentlichen Bereich installiert.
„Wir brauchen Ladepunkte auf den Parkplätzen von Supermärkten und allen Shoppingmalls, an Flughäfen, Bahnhöfen, in Parkhäusern sowie bei den Unternehmen“, sagte Müller. Jeder Landrat und jeder Bürgermeister sollte einen Ladenetz-Ausbauplan erarbeiten.
Aktuell gibt es nach Branchenangaben etwas mehr als 30 000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Das reicht aus Sicht von Verkehrsminister Andreas Scheuer derzeit aus – aber was ist, wenn die E-Mobilität Fahrt aufnimmt?
Konkrete Beschlüsse aber fehlten beim Spitzentreffen am Donnerstag. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an, sein Haus arbeite an einem einheitlichen und europaweit einsetzbaren Bezahlsystem für das spontane Laden an öffentlichen Stationen. Zentral sei, dass jeder unbürokratisch sein Auto aufladen könne. Es solle sichergestellt werden, dass auch Ältere ohne Smartphone oder Kreditkarte unkompliziert tanken könnten. Wichtig sei außerdem grenzüberschreitendes Bezahlen und Tanken.
Bis das kommt, kann es aber noch dauern. Die Autoindustrie hat aber gerade Probleme, die große Nachfrage bedienen zu können – es gibt lange Lieferzeiten. Scheuer sieht die Autohersteller in der Pflicht: „Die Charge der Elektrofahrzeuge in Deutschland ist verkauft“, sagte er. Es müsse jetzt auch von den Herstellern vieles nachgelegt werden und die Nachfrage, die durch die Prämie entstanden sei, müsse auch im kommenden Jahr gedeckt werden.
Mit 28 965 reinen Elektroautos wurden im November nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts mehr als fünfmal so viele verkauft wie im Vorjahresmonat. Hybride verzeichneten ein Plus von rund 177 Prozent, Plugin-Hybride wurden in der Zeit fast viermal so oft verkauft wie noch ein Jahr zuvor. Im Vergleich zu den gesamten Neuzulassungen ist das allerdings immer noch ein niedriges Niveau.
Allein der Marktführer VW pumpt in den kommenden fünf Jahren rund 35 Milliarden Euro allein in Elektromobilität. Doch das alles nützt wenig, wenn Kunden ihren Wagen nicht öfter auch in ihrer direkten Umgebung aufladen können – zu Hause, beim Tanken und Einkaufen oder am Arbeitsplatz.
Wie bequem die frischgebackenen E-Auto-Fahrer ihren Wagen an öffentlichen Ladepunkten aufladen können, schwankt je nach Region aber noch stark, wie ein neues Ranking des VDA zeigt. Scheuer sagte: „Wir wollen, dass auch die Ladesäule im Dorf steht, damit man Elektromobilität auch dort leben kann“, sagte er.
Der Branchenverband VDIK geht davon aus, dass der Boom der Elektromobilität weitergehen dürfte. Im nächsten Jahr könnten in Deutschland 500 000 bis 600 000 Batterie-Elektroautos und Plugin-Hybride neu zugelassen werden. Ziel: 10 Millionen E-Autos bis 2030.
Dabei kommt es auch auf ein „intelligentes“ Last- und Lademanagement an, wie Altmaier sagte. Was passiert, wenn in ein paar Jahren Millionen von E-Autos gleichzeitig abends privat in der Garage geladen werden? Ziel ist daher eine bessere Steuerung der Stromnetze. Experten sind sich sicher: E-Autos werden künftig vor allem privat geladen. Ein kürzlich aufgelegtes Förderprogramm zum Einbau privater Ladestationen erlebt eine hohe Nachfrage. Scheuer sagte, es seien jetzt schon 94 000 Ladepunkte bewilligt.