Seit dem 1. Februar ist Großbritannien kein EU-Mitglied mehr. In einer Übergangsphase bis Ende des Jahres wollten beide Seiten eigentlich ein Handelsabkommen vereinbaren. Doch die Verhandlungen stehen auf der Kippe.
Nach eintägiger Unterbrechung und einem Telefonat auf höchster Ebene setzen die Unterhändler der EU und Großbritanniens die Gespräche über einen Brexit-Handelspakt fort. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson hatten am Ende der Woche noch „erhebliche Differenzen“ festgestellt. Am heutigen Montag wollen von der Leyen und Johnson erneut über den Stand der Dinge sprechen.
Sollte die Gespräche scheitern, drohen zum Jahreswechsel Zölle und andere Handelshürden zwischen Großbritannien und dem Kontinent. Denn dann läuft die Brexit-Übergangsfrist aus, während trotz des britischen EU-Austritts am 31. Januar alles beim Alten geblieben war. Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals rechnet für den Fall eines No Deal mit starken Verwerfungen. Befürchtet wird, dass es zu kilometerweiten Staus im Hinterland des Fährterminals in Dover und der Einfahrt in den Eurotunnel in Folkestone kommt.
Einem Bericht des „Observer“ zufolge plant die britische Regierung sogar, den kürzlich in dem Land zugelassenen Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer mit Militärflugzeugen einzufliegen. Durch den Brexit bedingte Verzögerungen bei der Lieferung des Präparats sollten damit verhindert werden.
Gestritten wird vor allem über drei Themen: gleiche Wettbewerbsbedingungen, Fischerei und die Instrumente zur Ahndung von Verstößen gegen das geplante Abkommen.
Bei den Wettbewerbsbedingungen geht es unter anderem um Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards. Großbritannien möchte sich dabei von der EU möglichst wenige Vorgaben machen lassen – für Johnson ist das eine Frage der Souveränität. Die EU will jedoch Wettbewerbsvorteile für britische Firmen durch Regeldumping verhindern, zumal das angestrebte Handelsabkommen britische Waren unverzollt und ohne Mengenbegrenzung auf den EU-Markt lassen würde.
Beim zweiten wichtigen Streitthema Fischerei geht es um die Mengen, die EU-Fischer in britischen Gewässern fangen dürfen.
Als großes Hindernis in den Verhandlungen gilt darüber hinaus das geplante britische Binnenmarktgesetz, das Teile des bereits gültigen EU-Austrittsvertrags aushebeln würde. dpa