Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Präsidentin Christine Lagarde an der Spitze wird im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie noch großzügiger agieren als bisher schon. Ihr Krisen-Anleihekaufprogramm PEPP stocken die Währungshüter um eine halbe Billion auf jetzt insgesamt 1,85 Billionen Euro auf. Und sie verlängern es um neun Monate bis mindestens Ende März 2022. Außerdem gewähren sie den Banken weiter extrem günstige Kredite mit negativen Zinsen von bis zu minus ein Prozent. Zudem wird 2021 eine weitere Pandemie-Notfallkredit-Linie ebenfalls mit Minus-Zinsen aufgelegt. Die Bazooka 2 soll dem ökonomischen Absturz entgegenwirken.
Lagarde betonte nach der letzten Sitzung des Rates in diesem Jahr, dass die EZB weiter für günstige Finanzierungsbedingungen für Kredite sorgen müsse, um so Unternehmen und Verbraucher bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu unterstützen.
Dabei ist die Notenbank wegen der zweiten Welle und der neuen Einschränkungen skeptischer als noch im September. Für das vierte Quartal erwartet die EZB einen Rückgang der Wirtschaft in Euroland um minus 2,2 Prozent. Für das gesamte Jahr 2020 rechnet sie ihren jüngsten, gestern vorgelegten Prognosen zufolge mit einem Einbruch um 8,0 Prozent. Im September hatte Lagarde noch von minus 7,3 Prozent gesprochen. Auch im nächsten Jahr werde es langsamer aufwärtsgehen: statt mit einem Wachstum von plus 5,0 nur mit 3,9 Prozent. Dafür ist die Notenbank für 2022 mit einem Zuwachs von 4,2 Prozent zuversichtlicher als im September, als sie 3,2 Prozent vorausgesagt hatte.
Für 2023 spricht sie von einem Wachstum von dann aber nur noch 2,1 Prozent. „Die zweite Welle sorgt für größere Probleme als erwartet, sowohl in der Schwere als auch in der Dauer“, räumte Lagarde nach der Sitzung ein. Gesundheitsexperten zufolge werde erst Ende 2021 eine ausreichende Immunität gegen Covid-19 erreicht und damit die Chance für eine deutliche wirtschaftliche Erholung eröffnet. „Deshalb müssen wir weiter für günstige Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Verbraucher sorgen.“
Den Leitzins ließen die Währungshüter unverändert bei null Prozent. Er werde auf diesem Niveau verharren oder möglicherweise noch weiter gesenkt, bis sich die Inflationsrate nachhaltig und ausreichend dem anstrebten Niveau von knapp zwei Prozent nähere, sagte Lagarde. Dort sieht die EZB Preisstabilität als Basis für nachhaltiges Wachstum gewahrt.
Allerdings wird dem Rat zufolge zumindest bis 2023 keine Rate von knapp zwei Prozent erreicht. Nach 0,2 Prozent, werde sie im nächsten Jahr auf 1,0, dann auf 1,1 und 2023 auf 1,4 Prozent steigen. Der Zins für Einlagen der Banken bei der EZB bleibt bei minus 0,5 Prozent. Allerdings gewährt die Notenbank erhebliche Freibeträge. Die monatliche Käufe des „normalen“ Anleihe-Programms im Volumen von 20 Milliarden Euro werden weiter getätigt.
Lagarde betonte, dass die EZB ihre Maßnahmen notfalls anpassen werde. Sie deutete an, dass möglicherweise das gesamte Volumen der EZB-Programme nicht ausgeschöpft werden könnte, sollte es nach der Pandemie zu einem kräftigen Aufschwung kommen und die Inflation sich in die gewünschte Richtung entwickeln.