Bayerns Beschäftigungsmotor klemmt

von Redaktion

Von Martin Prem

München – Corona ist nicht an allem schuld. Schon bevor das Virus die Wirtschaft lähmte, stotterte der bisherige Konjunkturmotor. Es lief seit 2018 nicht mehr rund in Bayerns Metall- und Elektroindustrie. Sars-Cov-2 wirkte da, wie es Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Metall- und Elektroarbeitgeberverbände im Freistaat, formuliert, als „Booster“. Ein Zusatzantrieb, der die Talfahrt beschleunigt hat. Zeitweise waren die Exporte des Industriezweigs um 50 Prozent eingebrochen. Im Sommer ging es zwar wieder aufwärts. Doch wie in der Achterbahn ohne Antrieb reichte der Schwung nicht aus, um wieder die ursprüngliche Höhe zu erreichen. „Im September lagen die Ausfuhren um zehn Prozent unter dem Niveau des Vorjahres“, sagt Brossardt.

In einer aktuellen Konjunkturumfrage unter den Unternehmen beurteilen die meisten Firmen ihre Lage als schlecht. Das Saldo zwischen positiven und negativen Einschätzungen beträgt fürs Auslandsgeschäft minus 5,1 und fürs Inlandsgeschäft minus 8,8. Immerhin gehen die meisten Unternehmen von einer Erholung aus: Der Saldo bei den Erwartungen liegt mit plus 37,8 fürs Inlandsgeschäft deutlich im positiven Bereich. Beim Auslandsgeschäft sind es sogar 42,0.

Doch diese Daten sind in einer relativ günstigeren Situation erhoben worden. Anfang Dezember galt noch der „Lockdown light“. Die Hoffnungen setzen voraus, dass ab dem Frühjahr keine nennenswerten Einschränkungen für die Wirtschaft mehr notwendig sind und auch die Weltwirtschaft sich stabilisiert. Dazu kommt die Erwartung, „dass internationale Handelskonflikte „einer Lösung deutlich näherkommen“, wie Brossardt sagt. Da könnte es noch böse Überraschungen geben.

Eine Erholung wird länger brauchen als erhofft. Das zeigen die Investitionspläne: 20 Prozent der Betriebe wollen im ersten Halbjahr 2020 mehr investieren. Etwas weniger, 18 Prozent, fahren die Investitionen zurück. Wichtig ist hier der Blick auf die Details. Ersatzbeschaffungen dominieren mit 27 Prozent. 20,5 Prozent der Unternehmen nehmen Geld in die Hand, um zu rationalisieren. Nur 15,6 Prozent wollen erweitern. Hoffnung macht, dass 22 Prozent der Investitionen in Innovationen fließen.

Viele Unternehmen können gar nicht investieren: „Die Ertragslage bleibt äußerst kritisch“, sagt Brossardt. 35 Prozent der Metall- und Elektrounternehmen machen in diesem Jahr Verlust, weitere 7,5 Prozent kommen, so Brossardt, über eine schwarze Null nicht hinaus. Und elf Prozent bleiben bei einer Rendite von unter zwei Prozent vom Umsatz – zu wenig, um kraftvoll in Richtung Zukunft zu steuern.

Das verspricht für die Beschäftigungsentwicklung wenig Gutes. Vielleicht ist die beste Nachricht unter vielen schlechten, dass der demografische Faktor ohnehin für einen Personalabbau sorgt. Nur deshalb sind betriebsbedingte Kündigungen weiter die Ausnahme. Aber die Beschäftigung insgesamt geht massiv zurück. Brossardt rechnet damit, dass die bayerische Metall- und Elektroindustrie Ende 2021 fast 55 000 Arbeitsplätze weniger hat, als im Frühjahr 2019. Damals waren es 872 000. Und er sieht deutliche Anzeichen für eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Während daheim die Signale auf Personalabbau hindeuten, seien die Beschäftigungspläne bayerischer Unternehmen jenseits der Grenzen positiv. Brossardt sendet damit eine Warnung an seinen Tarifverhandlungspartner von der IG Metall – und fordert entsprechende Zurückhaltung in der kommenden Tarifrunde ein.

Offenbar ist eine große Pleitewelle nach dem Auslaufen der Insolvenzanmeldepflicht nicht in Sicht. Brossardt spricht lediglich von einer Steigerung. Das klingt nicht allzu dramatisch. Doch Brossardt, der auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft leitet, betont, dass dies nur für die Metall- und Elektroindustrie gilt. Das kann nur eines bedeuten: Tourismus, Veranstaltungsbranche, Gastronomie und Handel werden so glimpflich nicht durch die Krise kommen.

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