München – Silvester wird heuer wie Weihnachten auch ein eher besinnliches Fest. „Es werden so viele Menschen wie noch nie in Deutschland zu Hause bleiben, im kleinen Kreis feiern“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung von Rotkäppchen-Mumm, Christof Queisser. Nach einem coronabedingt schwierigen Jahr mit Schließungen in der Gastronomie erwartet das Unternehmen jetzt gute Umsätze an Weihnachten und Silvester.
Ganz ähnlich klingt das beim Konkurrenten Henkell-Freixenet. „Am Ende des Corona-Jahres wächst das Bedürfnis, den Genuss zu erleben, den wir zurzeit leider in der Gastronomie nicht mehr erleben können“, sagt der Sprecher der Henkell-Geschäftsführung, Andreas Brokemper. „Da investiert der Verbraucher auch für zuhause mehr in Qualität, als er es vielleicht bislang getan hat.“
Momentan sei als deutlicher Trend erkennbar, sagt Brokemper, dass die Verbraucher verstärkt an Schaumwein-Spezialitäten interessiert seien. „Wir sehen auch die Tendenz, dass sich jüngere Verbraucher mehr als früher für die Geschichten hinter dem Sekt interessieren.“
Das fängt schon bei den Angeboten am unteren Ende der weit gefassten Preisskala an. Deutscher Sekt ist aus Wein hergestellt, der aus Trauben der deutschen Anbaugebiete stammt. Hingegen enthält „Sekt hergestellt in Deutschland“ meist Grundweine aus anderen Ländern. Dafür verwenden die Sekthäuser oft Weine aus Frankreich, Italien und Spanien.
Die große Mehrheit des in Deutschland verkauften Sekts kommt aus Stahltanks mit einem Fassungsvermögen von mehreren tausend Litern. Wenn die zweite Vergärung des Weins in solchen Fässern stattfindet, kann Schaumwein weitaus kostengünstiger hergestellt werden als im Verfahren der traditionellen Flaschengärung wie beim Champagner, beim spanischen Cava oder auch bei anspruchsvollen deutschen Winzersekten wie dem rheinhessischen Sekthaus Raumland oder Griesel von der Hessischen Bergstraße. Schon seine einfachsten Sekte lässt Raumland mindestens vier Jahre auf der Hefe reifen, statt der bei Mindestzeit von neun Monaten bei Flaschengärung. Bei Spitzensekten sind es mehr als zehn Jahre.
„Am Ende entscheidet sich die Qualität eines Sektes über den Grundwein mit seinen regionalen Besonderheiten, erst an zweiter Stelle über die Herstellungsmethode“, sagt der Henkell-Chef. Von besonderer Bedeutung sei daher das Verhältnis zu den regionalen Winzer-Kellereien.
Der Unterschied lässt sich durchaus schmecken. Beim Sekt aus Stahltankgärung, wie auch beim Prosecco, gehe es vor allem darum, dass sich die fruchtigen Primäraromen der Traube optimal entfalten könnten, erklärt Henkell-Manager Brokemper. Bei Schaumwein aus Flaschengärung kommen Sekundäraromen dazu, die sich vor allem aus langer Feinhefelagerung ergeben. Zu diesen Sekundär-aromen zählen die für den Champagner typischen Nuss- und Brioche-Aromen. „Daher ist ein Prosecco auch nicht einfach nur die günstige Alternative zum Champagner“, sagt Brokemper. „Es ist vielmehr ein ganz anderer Schaumwein, leicht und frisch.“ Die Schaumwein-Kellermeister setzen für Prosecco auch andere Hefen ein als für die Flaschengärung.
Pro Kopf wurden in Deutschland nach Angaben des Deutschen Weininstituts im vergangenen Jahr etwa 3,4 Liter Schaumwein getrunken, ebenso viel wie 2018. Das ist ein internationaler Spitzenwert, allerdings waren es 2012 noch 4,2 Liter. dpa