Frankfurt – Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank, klingt schon fast ein wenig euphorisch. „Großartig“ hätten sich die noch knapp 85 000 Beschäftigten im vergangenen Jahr für „ihre“ Bank eingesetzt. Nach fünf Jahren mit Verlusten von insgesamt rund 15 Milliarden Euro hat das größte deutsche Geldhaus 2020 erstmals wieder einen Nettogewinn verbucht. Mit 624 Millionen Euro ist es gleich doppelt so viel wie von Experten erwartet. Unter dem Strich nach Abzug von Zinszahlungen ist es mit 113 Millionen Euro aber doch nur ein bescheidener Ertrag, andererseits eine radikale Wende nach dem Verlust von 5,7 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.
Auch Corona hat die Deutsche Bank nicht bremsen können. „Wir haben so starke Ergebnisse erzielt, dass wir die großen Belastungen durch die Pandemie und den Umbau mehr als ausgleichen konnten“, betont Sewing. Getragen wurde das Ergebnis in erster Linie vom Investmentbanking, also dem Geschäft mit Anleihen und Emissionen. Allein hier schnellte der Vorsteuergewinn von 500 Millionen Euro im Vorjahr auf fast 3,2 Milliarden Euro nach oben und sorgte nahezu allein dafür, dass die Bank den gesamten Vorsteuergewinn auf eine Milliarde Euro steigern konnte nach einem Verlust von 2,6 Milliarden Euro im Vorjahr.
Vor allem im Privatkundengeschäft kommt die Deutsche Bank nur langsam voran. Die Sparte verbuchte mit minus 124 Millionen Euro erneut einen Vorsteuer-Verlust, auch wenn er um mehr als die Hälfte geringer war als 2019. Man habe dennoch die Flexibilität, um auf außergewöhnliche Situationen reagieren zu können. Trotz des schweren Wirtschaftseinbruchs habe die Bank nichts von ihrer Finanzstärke eingebüßt. „Im Gegenteil.“ Dabei habe man die Kunden gerade in der Pandemie unterstützt und Zugang zu mehr als 12 Milliarden Euro verschafft. „Wir waren auch die aktivste Bank in den Förderprogrammen der KfW.“
Massiv sind die Verluste mit mehr als zwei Milliarden Euro in der Abbaubank, in der sie Vermögenswerte gesteckt hat, von denen sie sich trennen will.
Zum überraschend guten Ergebnis hat erneut auch der anhaltend starke Tritt auf die Kostenbremse beigetragen. Die Aufwendungen wurden um fast vier Milliarden Euro reduziert auf jetzt noch gut 21 Milliarden Euro bei Erträgen von insgesamt 24 Milliarden Euro. Fast 3000 Stellen wurden im vergangenen Jahr gestrichen, davon mehr als die Hälfte in der Privatkundensparte, aber nur 100 in der Investmentbank. Allerdings sollen nach den 2019 angekündigten Plänen bis Ende 2022 noch weitere gut 10 000 Vollzeitstellen auf dann nur rund 74 000 wegfallen. Bei der Deutschen Bank sollen 100 von aktuell noch 500 und bei der Postbank ebenfalls 100 von zuletzt noch 800 Filialen geschlossen werden. „Unser Hauptziel bleibt, die Kosten weiter zu senken, dazu ist es leider notwendig, die Zahl der Beschäftigten weiter zu reduzieren“, so Sewing.
Vor allem vermögendere Privat- und Unternehmerkunden müssen sich allerdings auch mit höheren Gebühren abfinden. Negativzinsen gibt die Deutsche Bank immer stärker weiter. In der Unternehmerbank betrifft das mittlerweile Einlagen im Volumen von 78 Milliarden Euro, bei Privatkunden sind es neun Milliarden Euro. Gedulden müssen sich auch die Aktionäre. Eine Dividende gibt es auch 2020 trotz des überraschend hohen Gewinns nicht. Da hält sich die Bank an die Empfehlungen der Bankenaufseher. 2022, versichert Sewing, werde man dann aber insgesamt fünf Milliarden Euro an Gewinnen und an Kapital an die Eigentümer ausschütten.
Während die Deutsche Bank erste Früchte des Umbaus erntet, beginnt bei der Commerzbank erst das Großreinemachen. Die Bank hatte am Vortag den Abbau von 10 000 Vollzeitstellen und 450 der 790 Filialen beschlossen.
ROLF OBERTREIS