Zaudern und Zögern statt Bazooka und Wumms

von Redaktion

VON CORINNA MAIER

München – Die angekündigten Wirtschaftshilfen aus Berlin kommen in der bayerischen Wirtschaft nicht allzu gut an. Nur die Gastronomie lobt die Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes bis ins Jahr 2022 ausdrücklich. Die anderen Wirtschaftsbereiche nennen die Maßnahmen eher halbherzig und unzureichend – „Zaudern und Zögern, statt Bazooka und Wumms“, wie es Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, formuliert, der damit auf Ankündigungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) anspielt.

Es geht bei den neuen Corona-Hilfen um die steuerliche Möglichkeit, Verluste aus den Corona-Jahren stärker mit vergangenen Gewinnen zu verrechnen. Das geht nun, aber nur für ein Jahr (siehe Kasten).

Gößl ist unzufrieden: „Der Lockdown dauert immer länger, die Unternehmen brauchen jetzt Liquidität – und zwar nicht tröpfchenweise. Da muss man den Hahn jetzt schon mal aufmachen.“ Die Möglichkeit der Verlustverrechnung müsse nach Forderung der IHK mindestens zwei, am besten drei Jahre bestehen. Außerdem sei das Jahr 2019 für viele Betriebe bereits ein rezessives Jahr gewesen. Daher müsse man die Verluste der beiden Corona-Jahre auch mit wirklich guten Jahren wie 2018 oder 2017 verrechnen dürfen. „Es handelt sich ja nicht um ein Geschenk, sondern um einen Vorzieheffekt.“ Wenn die Unternehmen im Jahr 2022 dann wieder Gewinne schreiben, könnten sie die ja ohnehin mit Verlusten aus dem Vorjahr verrechnen – „die Liquidität brauchen sie aber dringend jetzt und nicht erst 2022 oder 2023“, so Gößl.

Vorausgesetzt, sie existieren bis dahin überhaupt noch. Denn „das Insolvenzrisiko steigt“. „Die Unternehmen hätten einen Schub gebraucht, der ihnen signalisiert hätte: Jetzt noch ein bisschen durchhalten.“ Mit dem „Trostpflästerchen“ aus Berlin sei diese Chance vertan worden.

Kaum milder urteilt die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Auch deren Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt hätte sich ein besseres Ergebnis gewünscht: „Die Lösung bleibt doch hinter den Möglichkeiten des Steuerrechts zurück. Weder reicht das Volumen in Höhe von zehn Millionen Euro noch der zeitliche Rahmen des Rücktrags aus, um allen betroffenen Unternehmen gerecht zu werden.“ Das wäre für größere Mittelständler, die in der Vergangenheit hohe Steuerbeiträge in Deutschland geleistet hätten und jetzt durch die Krise hart getroffen seien, eine echte Unterstützung gewesen.

Dringenden Nachbesserungsbedarf sieht man auch bei der Handwerkskammer. Deren Präsident Franz Xaver Peteranderl plädiert ebenfalls dafür, den Zeitraum des Verlustrücktrags auf zwei bis drei Jahre zu verlängern. „Wir schätzen, dass aktuell etwa 90 000 Handwerksbetriebe in Bayern mit bis zu 300 000 Beschäftigten von den verschärften Corona-Regelungen betroffen sind. Vielen davon geht wegen des anhaltenden Lockdowns das Geld aus“, so Peteranderl. Der bessere steuerliche Verlustrücktrag würde diesen Betrieben schnell zusätzliche Liquidität bringen und den Bund keine Steuereinnahmen kosten.

Ein „mutmachendes Signal“ nannte hingegen Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, die Beschlüsse aus Berlin. Ihr geht es dabei aber vor allem um die weitere Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie bis Ende 2022. Diese macht sich allerdings erst bemerkbar, wenn die Lokale wieder öffnen dürfen – dann aber mit einer Entlastung um 12 Prozentpunkte. Preissenkungen für die Kunden werde es nicht geben können, das Geld werde vielmehr gebraucht, um die Existenz der Betriebe und hunderttausende Arbeitsplätze zu sichern. Eine Umfrage unter 1400 gastgewerblichen Betrieben in Bayern hatte zuletzt ergeben, dass 74 Prozent um ihr Überleben bangen, 24 Prozent dachten bereits konkret übers Aufgeben nach.

Jetzt, so Angela Inselkammer, kämpfe man noch dafür, dass die Umsatzsteuersenkung dauerhaft und auch auf Getränke ausgeweitet wird. Denn vor allem die getränkebasierte Gastronomie habe in der Pandemie gelitten.

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