Griechenland: Reisekorridor für Nicht-EU-Länder

von Redaktion

VON FERRY BATZOGlOU

Athen – Kaum ein EU-Land ist so abhängig vom Tourismus wie Griechenland. Fast schon verzweifelt kämpft man in Athen um Möglichkeiten, wieder mehr Touristen ins Land zu holen – notfalls ohne Mitwirkung der EU. Zunächst hatte sich Griechenland mit „Impf-Weltmeister“ Israel auf einen gegenseitigen Impf-Reisekorridor geeinigt – und will dies nun mit zehn weiteren Nicht-EU-Staaten tun. Das kündigte der Athener Tourismusminister Charis Theocharis.

„Die gegenseitige Anerkennung von Impfzertifikaten auf bilateraler Ebene ist eines unser wichtigsten Instrumente, um die Touristenströme aus wichtigen Ländern nach Griechenland wieder anschwellen zu lassen“, sagte er. Und: „Natürlich würden wir es vorziehen, wenn es automatische Prozeduren mit anderen Ländern gäbe.“ Da es die vorerst nicht gibt, legte Theocharis eine Liste mit zehn Ländern vor, mit denen Griechenland nun bilateral kurz vor einer Einigung steht: Großbritannien, China, Russland, Serbien, die Ukraine, USA, Kanada, Australien, die Vereinigten Arabischen Länder und Saudi-Arabien. Theocharis zufolge stehe Griechenland mit diesen Ländern bereits in fortgeschrittenen Verhandlungen über eine gegenseitige Anerkennung von Impfzertifikaten zur Einrichtung der Reisekorridore in beide Richtungen. Großbritannien mit knapp 3,5 Millionen Touristen sowie die USA mit knapp 1,2 Millionen Urlaubern im Rekordjahr 2019 zählen zu den wichtigsten Märkten für die Urlaubsdestination Griechenland.

„Um Missverständnisse zu vermeiden: Das Impfzertifikat wird kein Impfpass sein. Es wird keine Pflicht sein, sich vor einer Einreise nach Griechenland impfen zu lassen. Wir wollen vielmehr, dass der Reisende sich bürokratischer Last entledigen kann, indem er bei der Einreise nach Griechenland nicht mehr einen negativen Pflichttest auf Covid-19 vorlegen muß, wenn er sich geimpft hat“, stellte Theocharis klar.

Die Gründe für Griechenlands neuen Vorstoß: Das vom Tourismus enorm abhängige Griechenland hat 2020 wegen der Corona-Pandemie ein katastrophales Jahr erlebt. Touristisch gesehen. Einer Studie der Athener Notenbank (TTE) zufolge seien die Direkterlöse im griechischen Tourismus von Januar bis Oktober 2020 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 77 Prozent auf exakt 4,035 Milliarden Euro eingebrochen. Die Zahl der nach Griechenland einreisenden Urlauber ging von Januar bis Oktober 2020 um 76,1 Prozent auf 7,102 Millionen Urlauber zurück. Ein neuerliche katastrophale Reisesaison im laufenden Jahr kann sich das nach dem Beinahe-Staatsbankrott im Frühjahr 2010 chronisch krisengebeutelte Griechenland schlicht nicht leisten.

Dabei gilt in Griechenland seit dem 7. November ein neuerlicher, harter Lockdown. Er wurde, nach zwischenzeitlichen Lockerungen, nun bis zum 28. Februar verlängert. Nicht nur ist das Reisen von einer Region in Griechenland zu einer anderen verboten. Ferner bleibt die Gastronomie geschlossen. Für die Einreise nach Griechenland braucht man zudem einen negativen PCR-Test auf Covid-19, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Obendrein hat man sich nach der Ankunft in Griechenland obligatorisch in eine siebentägige Quarantäne zu begeben. Die unweigerliche Folge: die griechische Tourismusbranche ist seit dem 7. November faktisch zum Erliegen gekommen.

Kein Land in Europa ist dabei so abhängig vom Tourismus wie Griechenland. Laut dem Forschungsinstitut des griechischen Touristikverbandes (Insete) trugen allein die Direkterlöse in der Reisebranche im Jahr 2018 knapp zwölf Prozent zur jährlichen griechischen Wirtschaftsleistung bei. Rechnet man noch die indirekten Erlöse dazu, steigt der Beitrag des Tourismus zum griechischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 25,7 bis 30,9 Prozent.

Die meisten Griechenlandurlauber kamen 2019 mit 4,026 Millionen Touristen aus Deutschland. Die Direkterlöse im griechischen Tourismus betrugen im Rekordjahr 2019 laut offiziellen Angaben 18,18 Milliarden Euro. Der Griechenlandurlauber gab dabei im Schnitt 564 Euro pro Kopf aus. Die ausgabefreudigsten Touristen stammten aus den Ländern der Eurozone. Sie gaben für ihren Griechenlandurlaub im Jahr 2019 im Schnitt 697,20 Euro pro Kopf aus. Bei den Deutschen betrugen die Ausgaben 734,10 Euro pro Kopf.

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