Bitkom-Chef scheitert an Impfanmeldung für seine Mutter

von Redaktion

München – Achim Berg hat es nicht geschafft. „Ich bin grandios gescheitert, beim Versuch, meine Mutter anzumelden“, gibt der Chef des Digitalverbands Bitkom zu. Er ist damit in guter Gesellschaft. Um einen Impftermin für sich oder Angehörige zu vereinbaren, haben drei von zehn Deutschen zuletzt mehr als 50 Anläufe gebraucht, weitere 37 Prozent zwischen 25 bis 50 Versuche. „Das ist unglaublich und nicht entschuldbar“, kritisiert Berg und fürchtet das Schlimmste mit Blick auf bald anstehende Corona-Massenimpfungen. Das bestehende Chaos drohe sich zu verschärfen. „Das ist einer Hightech-Nation unwürdig“, findet der Bitkom-Chef und ist nicht allein. Drei von vier vom Bitkom befragten Bürgern empfinden das Impfmanagement als chaotisch. Fast ebenso viele würden sich gerne gegen Corona impfen lassen, was Herdenimmunität schaffen könnte. Sogar die Hälfte derer, die sich selbst nicht impfen lassen wollen, habe in der Umfrage schnellere Impfungen verlangt, um diesen Zustand in der Bevölkerung zu erreichen, betont Berg. Aber ein Jahr nach dem Übergreifen der Pandemie auf Deutschland sei die Organisation des Kampfes dagegen vor allem in digitaler Hinsicht immer noch weit hinter der anderer Länder zurück.

Die Antworten der Befragten hält Berg für glaubwürdig, auch weil Nachfragen bei kassenärztlichen Vereinigungen, Kommunen und Bundesländern erschreckendes Unwissen offenbart hätten. Die meisten dieser Stellen hätten dem Bitkom entweder gar keine oder nur ungenaue Angaben dazu machen können, wie viele Impftermine sie vereinbart haben. „Wir befinden uns im Blindflug“, stellt Berg klar. Wie auf dieser nicht existierenden Datenbasis funktionierende Impflogistik betrieben werden soll, vor allem wenn es unter Volllast in die Phase der Massenimpfungen geht, ist ihm schleierhaft.

Dabei könne Digitaltechnik rasch Abhilfe schaffen, wenn sie möglichst zentral eingesetzt würde. Dafür sieht Berg aber auch wegen der föderalen Struktur Deutschlands keine Ansätze. „Jede neue Phase der Pandemie legt neue digitale Defizite in Deutschland frei.“ Mit Fax, Bleistift und überlasteten Telefonhotlines lasse sich das Virus nicht wirklich bekämpfen. Bürger seien im Kopf vielfach weiter als die sie Regierenden. So fordert mehr als jeder zweite Deutsche laut Bitkom-Umfrage eine Erweiterung der Corona-Warn-App um einen digitalen Impfpass, der aber erst für 2022 geplant ist. Ein Vorziehen hält auch Berg für geboten, weil so Geimpfte im Falle von Virusmutationen rasch benachrichtigt werden könnten, falls Nachimpfungen nötig werden. Auch könne an eine zweite Impfung digital unkompliziert erinnert werden. „Ihr Smartphone haben Menschen immer zur Hand, ihren gelben Impfpass müssen sie suchen“, argumentiert der Bitkom-Chef. Würde die Corona-App derart aufgerüstet, zeigten auch deutlich mehr Bürger Bereitschaft, sie zu nutzen.

Berg wirbt für mehr Digitaltechnik im Kampf gegen Corona. So gebe es mittlerweile einen bilderkennenden Algorithmus mit künstlicher Intelligenz, der normalen Husten von Corona-Husten unterscheiden könne. Zumindest aber funktionierendes Impfmanagement sei keine Raketenwissenschaft.

T. MAGENHEIM-HÖRMANN

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