Insolvenzantrag: Greensill-Kunden hoffen

von Redaktion

VON WOLF VON DEWITZ

Bremen – Nach dem Insolvenzantrag für die Bremer Greensill Bank bemühen sich mehr als zwei Dutzend deutsche Kommunen um Schadensbegrenzung. „Wir wollen gemeinsam unsere Interessen vertreten und so viel Geld wie möglich zurückholen“, sagte Osnabrücks Stadtkämmerer Thomas Fillep am Dienstag. Man werde „alle Möglichkeiten prüfen, gegen wen Schadenersatzansprüche bestehen“. Osnabrück hat 14 Millionen Euro bei dem Finanzinstitut angelegt. Am Vorabend hatte die Finanzaufsicht Bafin einen Insolvenzantrag für die Bank gestellt, das Amtsgericht Bremen wollte zeitnah über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheiden.

Die Bafin hatte die Bremer Tochter des britisch-australischen Finanzkonglomerats Greensill bereits Anfang März wegen drohender Überschuldung geschlossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Greensill Bank AG, die Bafin hat Strafanzeige gestellt. Dem Vernehmen nach geht es um den Vorwurf der Bilanzfälschung.

Nach Informationen aus Finanzkreisen stehen bei der Bremer Bank rund 3,6 Milliarden Euro an Einlagen im Feuer. Davon dürften etwa 3,1 Milliarden Euro durch die gesetzliche Einlagensicherung sowie den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) gesichert sein. Das gilt vor allem für das Geld von Privatkunden. Banken müssen die Einlagensicherung finanzieren – die Ausfälle bei Greensill dürften auch andere Banken finanziell belasten.

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, stellt die Bafin den „Entschädigungsfall“ fest – dann bekommen Privatanleger binnen sieben Arbeitstagen Geld aus dem Einlagensicherungsfonds zurück.

Kommunen hingegen fallen seit 2017 nicht mehr unter den finanziellen Schutzschirm. Wie viele Kommunen betroffen sind, ist noch unklar, 26 wollen nun juristisch an einem Strang ziehen. Auch das Land Thüringen, das 50 Millionen Euro angelegt hat, macht mit. In Oberbayern bangen die Gemeinden Vaterstetten (Kreis Ebersberg), Pöcking (Kreis Starnberg) und Puchheim (Kreis Fürstenfeldbruck) um ihr angelegtes Geld.

Der Bankenwissenschaftler Hans Peter Burghof sieht sowohl die Rolle der Bafin als auch die der Kommunen kritisch. „Wie bei Wirecard hat die Bafin auch bei Greensill versagt“, sagt der BWL-Professor von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Eine Mitschuld tragen seiner Ansicht nach auch die Kommunen. „Sie haben Geld investiert bei einer Bank, die sie nicht einschätzen konnten – das ist keine nachhaltige Anlagepolitik.“ Die Bank habe etwas bessere Zinsen gezahlt als die Konkurrenz – durch diese kleine Differenz sei klar gewesen, dass die Anlage riskanter sei als bei anderen Finanzinstituten. Aus Sicht von Burghof ist die Geldanlage von Kommunen häufig nicht professionell genug. Immer wieder gingen Anlagen in die Binsen, moniert der Wissenschaftler und verweist auf die „Spread Ladder Swaps“, also riskante Derivate zur Zinsoptimierung. Einige Kommunen verloren hierbei im vergangenen Jahrzehnt viel Geld. Auch niedrig verzinste Kredite in Schweizer Franken wurden vor einigen Jahren zum Finanzballast für Kommunen wie Essen, als der Frankenkurs stieg und dadurch deutlich mehr bezahlt werden musste, als gedacht.

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