München/Berlin – Das Gastgewerbe sieht sich angesichts des anhaltenden Lockdowns in einer katastrophalen Lage. „Wir halten keine Wochen und Monate in dieser Schockstarre mehr durch“, sagte der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Guido Zöllick. Er forderte vom nächsten Treffen von Bund und Ländern zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise am Montag eine klare und verlässliche Perspektive, unter welchen Bedingungen Hotels und Gaststätten wieder öffnen könnten. Außerdem müsse es Nachbesserungen bei den Corona-Hilfen geben, die nach wie vor nicht genügend bei den Firmen ankämen. „Wenn wir zwangsweise geschlossen werden, müssen wir auch entschädigt werden, in voller Höhe der Verluste.“ Zöllick beschrieb Lage und Stimmung im Gastgewerbe als katastrophal. Jeder Monat Lockdown führe zu Umsatzverlusten in Höhe von durchschnittlich 75 Prozent. Rücklagen seien aufgebraucht, die Angst vor dem endgültigen Aus nehme bei vielen Firmen dramatisch zu.
Trotz steigender Inzidenzzahlen dringt auch der Handel in Deutschland auf eine flächendeckende Öffnung der Geschäfte. Die Hygienekonzepte und Abstandsregeln im Handel hätten sich bewährt. „Mit ihnen ist eine Öffnung aller Geschäfte schon heute bedenkenlos möglich“, sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).
Genth betonte, das Robert Koch-Institut habe bestätigt, dass das Ansteckungsrisiko beim Einkaufen gering sei. Er forderte Bund und Länder auf, beim nächsten Corona-Gipfel „einen Strategiewechsel hin zu einer evidenzbasierten Öffnungsstrategie“ zu beschließen. Die höhere Testquote und die Auslastung der Intensivbetten seien dabei unbedingt zu berücksichtigen. „Wir müssen jetzt die flächendeckende Öffnung des Handels angehen und das Impftempo erhöhen. An den Entscheidungen am Montag hängen Existenzen“, sagte er.
Die Existenzängste der Unternehmen sind in der anhaltenden Pandemie auch in anderen Branchen wieder leicht gestiegen. Im Februar stuften 18,7 Prozent der Unternehmen in einer ifo-Konjunkturumfrage ihre Existenz als gefährdet ein, wie das Münchner Forschungsinstitut berichtete. Im November 2020 hatten sich 17,6 Prozent akut bedroht gefühlt – im Mai hatte der Anteil indes noch 21,8 Prozent betragen. Die stärksten Konjunkturängste verzeichnete das Institut im Februar im Tourismusbereich. Der Umfrage zufolge waren knapp 84 Prozent der Reisedienstleister in ihrer Existenz gefährdet. Bei den Hotels in Deutschland betrug der Anteil rund 82 Prozent, bei Restaurants und Gaststätten 72 Prozent. Im Vergleich der Wirtschaftsbereiche folgte die Bekleidungsindustrie mit knapp 37 Prozent. Unter den Einzelhändlern und Autoverkäufern gaben etwa 35 Prozent an, in ihrer Existenz bedroht zu sein. mm, dpa, afp