Flensburg – Erstmals seit mindestens einem Jahrzehnt ist die Zahl der mit einem reinen Verbrennungsmotor ausgerüsteten Autos auf Bayerns Straßen gesunken. Ihr Bestand sank 2020 um rund 40 000, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts hervorgeht. In den zehn Jahren zuvor war der Bestand an Verbrennern pro Jahr stets um mehr als 70 000 gestiegen, häufig auch um mehr als 100 000.
Treiber des Rückgangs bei Benzinern und Dieseln war der Trend zu Hybriden und zu Elektroautos, die vergangenes Jahr teilweise mit hohen Summen gefördert wurden. Zudem setzen die Autohersteller vermehrt auf diese Autos, um ihre CO2-Ziele zu erreichen. Diese Verschiebung bei den Neuzulassungen machte sich nun auch im Bestand bemerkbar.
Die Zahl der reinen Elektroautos konnte sich binnen Jahresfrist beinahe verdoppeln und stieg auf knapp 60 000. Hybride legten von gut 100 000 auf fast 190 000 zu. Damit bleiben alternative Antriebe trotz aller Zuwächse aber die Ausnahme auf Bayerns Straßen: Sie standen zum Stichtag 1. Januar noch immer 5,02 Millionen reinen Benzinern und 2,85 Millionen reinen Dieselfahrzeugen gegenüber. Die Gesamtzahl der Autos auf bayerischen Straßen stieg auch im Corona-Jahr: Von 8,1 auf 8,2 Millionen.
Indes forderten mehrere Umweltverbände in einem gemeinsamen Brief die deutschen Autobauer auf, bis spätestens 2030 keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zu verkaufen. Hersteller wie Volkswagen, Daimler und BMW müssten ihre Produktion stattdessen auf „effiziente und verbrauchsarme Elektrofahrzeuge ausrichten“, heißt es in einem Brief, den unter anderen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Germanwatch und die Deutsche Umwelthilfe unterschrieben haben. Für Hybrid-Fahrzeuge gelte die Forderung nach einem Verkaufsstopp gleichermaßen. „Die angekündigten SUV-Modelle sind ein klimapolitischer Irrweg“, schreiben die Verbände, die auch synthetischen Kraftstoffen und Kraftstoffen aus Biomasse im Straßenverkehr eine Absage erteilen.
Erst vor wenigen Tagen hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ein Ende des fossilen Verbrenners bis 2035 in Aussicht gestellt. Anders als von Umweltverbänden gefordert, will der CSU-Politiker auf synthetische Kraftstoffe setzen. Lediglich der klassische Verbrenner, der mit Benzin oder Diesel angetrieben wird, solle innerhalb der nächsten 15 Jahre auslaufen, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“.
Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau plädierte für den verstärkten Einsatz synthetischer Kraftstoffe. „Nicht der Verbrennungsmotor ist das Problem, sondern die fossilen Brennstoffe“, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen dem Berliner „Tagesspiegel“.
Der Verkehrssektor – insbesondere der Straßenverkehr – ist für einen großen Teil der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die ausgestoßene Menge lag im Jahr 2020 nach Angaben des Umweltbundesamts bei 146 Millionen Tonnen. Die Reduktion um 19 Millionen Tonnen Treibhausgase im Vergleich zum Vorjahr führen Experten auf die Corona-Pandemie zurück. Die EU-Kommission will Ende 2021 neue und ehrgeizigere Schadstoff-Grenzwerte für Autos vorschlagen. Die Automobilbranche befürchtet dadurch ein vorzeitiges Ende des klassischen Verbrennungsmotors – also genau das, was Umweltverbände mit Nachdruck fordern.