Keine Ruhetage: Wirtschaft erleichtert

von Redaktion

VON MARTIN PREM

Berlin – Vielleicht war der Autogipfel am Dienstagabend ein großer Glücksfall für Angela Merkel. Nur wenige Stunden nach der überraschenden Verkündung von zwei Zusatz-Ruhetagen um Ostern konferierte sie unter anderem mit Hildegard Müller, der Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie. Eigentlich ging es um Elektromobilität. Doch nun musste es auch um das Chaos gehen, das so ein spontaner Quasi-Feiertag in der Industrie auslösen würde – der Autobranche mit ihrer hochkomplexen Produktionsstruktur und den empfindlichen Lieferketten.

Man kennt sich: Die ehemalige CDU-Politikerin Müller war Staatsministerin im Kanzleramt der ersten Regierung Merkel. Nun vertritt sie die Interessen der in Deutschland so wichtigen Autoindustrie. „Plötzliche Betriebsstilllegungen sind für eine international vernetzte Wirtschaft nicht darstellbar“, warnte Müller, „Lackierwerke und Energiezentralen sowie vieles andere mehr können nicht einfach auf Zuruf stillgelegt werden.“

Vielleicht haben diese Einwände bei Merkel einen nächtlichen Umdenkprozess ausgelöst. Denn schon gestern Vormittag zeichnete sich ab, dass das mit den Ruhetagen nicht so bleiben kann. Und so kam es auch. Merkel zog die Notbremse, übernahm die Verantwortung für den Fehler und hatte Müller wieder an ihrer Seite. „Einen Fehler einzuräumen zeugt von Größe“, lobte die VDA-Präsidentin die Kanzlerin nach der Rücknahme der Osterruhe. Und sie zeigte Verständnis: „Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten sind in einer ausgesprochen schwierigen Lage.“

Erleichterung auch beim Handel: „Von einem Signal der Vernunft“ sprach Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE.

Selbst die erlaubte Öffnung des Lebensmittelhandels am Karsamstag hätte wenig gebracht. Auch frisch gelieferte Waren haben einen wochenlangen Vorlauf an Bestellung, Bereitstellung und Lieferung. Und am Ende geht es um Stunden, nicht um Tage. Kilotonnen an Fisch, die am Gründonnerstag gekauft und am Karfreitag verzehrt werden sollen, sind am Karsamstag schon Ladenhüter. Spätestens am Osterdienstag hätten sie stinkend entsorgt werden müssen. Millionen liegen gebliebener Salatköpfe und Milliarden an Spinatblättern hätten dieses Osterfest zu einer Jahrhundertfeier für Trillionen von Fäulnisbakterien gemacht. Vom Tisch.

Die Erleichterung in vielen Wirtschaftsverbänden war greifbar. „Die mutige Entscheidung der Bundeskanzlerin beweist Führungsstärke“, lobte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Es sei auch als Arbeitgeber schwer, Entscheidungen zu treffen und manche davon zu kassieren. „Umso mehr habe ich Respekt dafür, dass die Kanzlerin den Beschluss zurückgenommen hat.“

Und auch Bayerns Wirtschaft reagierte erleichtert. „Zusätzliche Kostenbelastungen durch die Ruhetage wären nicht akzeptabel gewesen“, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). „Die Unternehmen setzen vorbildliche Hygienekonzepte um und sind nicht Treiber der Pandemie.“

Artikel 3 von 3