Hedgefonds erschüttert Großbanken

von Redaktion

VON ROLF OBERTREIS

Frankfurt – An den Finanzmärkten wurden zum Wochenstart Erinnerungen an Long-Term Capital Management und die bislang größte Pleite eines Hedgefonds im Jahr 1998 wach. Damals löste sie eine weltweite Finanzkrise aus. So weit wird es diesmal nicht kommen, versichern Experten. Die Deutsche Bank sah sich aber veranlasst klarzustellen, dass sie mit keinem Verlust rechne. Denn wieder einmal war auch sie bei riskanten Geschäften mit dem bislang nur Insidern bekannten Hedgefonds Archegos dabei.

Ende vergangener Woche war die US-Firma Archegos Capital Management in eine schwere Schieflage geraten. Was war passiert? Banken, die Archegos in der Erwartung saftiger Gewinne großzügig Geld geliehen hatten, verlangten neue Sicherheitsleistungen. Die aber konnte der Fonds offensichtlich nicht leisten. Worauf die Institute als Sicherheit hinterlegte Aktien vor allem von chinesischen und US-Tech-Unternehmen, die an der Wall Street gelistet sind, verkauften, um so Verluste zu verringern.

Auch Archegos soll verkauft haben. Angeblich ging es um ein Volumen von 20 bis 30 Milliarden Dollar. Die Kurse der Aktien stürzten ab, was wiederum auch Archegos in extreme Schwierigkeiten brachte. Mit vergleichsweise wenig Geld setzt der Fonds auf steigende Kurse und geht damit riskante Wetten ein. Das Geld dafür besorgte sich der Hedgefonds bei mehreren Banken, ohne dass die Institute offenbar wussten, welche Summe sich Fonds-Gründer und -Chef Bill Hwang bei welchen Banken beschafft hatte. Gleichzeitig agierte er mit riskanten Finanzinstrumenten, was den Finanzeinsatz hebelte und damit die Wetten und folglich auch das Risiko weiter erhöhte.

Als klar wurde, dass vor allem die Credit Suisse und die japanische Bank Nomura stark in die Geschäfte verwickelt waren, stürzten auch deren Aktienkurse am Montag um jeweils rund 16 Prozent ab. Beobachter rechnen damit, dass Credit Suisse eine Milliarde Dollar verloren haben dürfte, laut „Financial Times“ könnten es auch drei bis vier Milliarden Dollar sein.

Für die Schweizer ist es das nächste Desaster in kürzester Zeit, weil sie auch viel Geld bei der Greensill-Pleite im Feuer haben. Das Institut hat bereits eingeräumt, dass der Verlust aus dem Archegos-Engagement „sehr signifikant und wesentlich für unser Ergebnis im ersten Quartal sein könnte“. Bei Nomura droht aus dem Geschäft mit Archegos ebenfalls ein satter Verlust von bis zu zwei Milliarden Dollar.

Auch die schweizerische UBS und die US-Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley sollen den Hedgefonds finanziert haben, aber mit vergleichsweise kleinen Summen. Details sind nicht bekannt. Ein Sprecher der Deutschen Bank sagt, das Institut habe sein Engagement „erheblich“ reduziert, ohne Verluste erlitten zu haben.

Freilich fragt sich, wieso die Institute überhaupt mit Archegos kooperieren. Den beteiligten Banken muss die fragwürdige Vita des 56-jährigen Gründers Hwang bekannt gewesen sein. Er war 2012 mit dem 2001 von ihm gegründeten Tiger Asia Management-Fonds in einen Insiderskandal mit chinesischen Aktien verwickelt und wurde von der US-Börsenaufsicht zur Rückzahlung von 16 Millionen Dollar an illegal erzielten Gewinnen und in einem Vergleich zur Zahlung zu einer Strafe von 44 Millionen Dollar verurteilt. Ein Jahr später gründete Hwang mit Archegos seinen eigenen Hedgefonds, gefüllt mit angeblich 200 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr sollen es dann zehn Milliarden Dollar gewesen sein. Nach Angaben des Finanzdienstes Bloomberg könnte Hwang zuletzt Aktienpositionen im Umfang von 50 Milliarden Dollar gehalten haben. Auch in fragwürdige Geschäfte mit dem US-Unternehmen Gamestop Anfang des Jahres soll der Fonds verwickelt gewesen sein.

Artikel 4 von 4