Karlsruhe – Die Deutsche Bundesbank in Frankfurt kann sich weiter uneingeschränkt an den umstrittenen Staatsanleihenkäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) beteiligen. Bundesregierung und Bundestag haben nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor gut einem Jahr die Käufe ausreichend überprüft. Zu diesem Fazit kommt das Gericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss vom 29. April.
Zwei Anträge auf Erlass einer sogenannten Vollstreckungsanordnung, mit der das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung des Urteils hätte bestimmen können, verwarf der Zweite Senat als unbegründet (Az.: 2 BvR 1651/15 u.a.). Die Gegner der Staatsanleihenkäufe reagierten enttäuscht.
Das Verfassungsgericht hatte vor gut einem Jahr Staatsanleihenkäufe der EZB beanstandet und sich damit zum ersten Mal über eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt. Der Zweite Senat hatte mehreren Klagen gegen das 2015 gestartete Kaufprogramm PSPP zur Ankurbelung von Inflation und Konjunktur überwiegend stattgegeben. Die Notenbank überspanne damit ihr Mandat für die Geldpolitik. Die Bundesbank darf demnach nur mitmachen, wenn der EZB-Rat nachvollziehbar darlegt, dass die mit dem milliardenschweren Kaufprogramm angestrebten währungspolitischen Ziele nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen wirtschafts- und fiskalpolitischen Auswirkungen stehen. Die Bundesregierung bekam drei Monate Zeit, die EZB zu einer Überprüfung des beanstandeten Kaufprogramms zu bewegen. Die Bundesbank ist der größte Anteilseigner der Zentralbank. Entsprechend groß ist ihr Kaufvolumen.
Es gab aber unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Politiker die Vorgaben des Gerichts ordnungsgemäß umgesetzt haben. Während Bundesregierung und Bundestag davon überzeugt waren, sahen der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler und eine Klägergruppe um den früheren AfD-Chef Bernd Lucke das anders. Das Verfassungsgericht listete nun auf, was seit dem Urteil alles geschehen sei. Daraus geht hervor, dass sich Bundestag und EZB-Rat ausführlich mit der Thematik befasst haben. „Im Ergebnis sind Bundesregierung und Bundestag damit weder untätig geblieben“, bilanzierte der Senat. Noch hätten sie offensichtlich ungeeignete oder völlig unzureichende Maßnahmen getroffen, um ihrer Verpflichtung nach dem Urteil nachzukommen.
Die Kritiker der Staatsanleihenkäufe reagierten enttäuscht. Gauweiler kündigte an, Demokratie und Rechtsstaat erneut vor dem Bundesverfassungsgericht zu verteidigen, wenn Bundesregierung und Bundestag ihre Pflicht verletzten, die Grundsätze der Demokratie, „gegen Anmaßungen der EU-Organe zu verteidigen“.