Berlin – Es ist weltweit bisher einmalig: Deutschland hat per Gesetz das autonome Fahren geregelt. In der Nacht zu Freitag stimmte der Bundestag einem entsprechendem Entwurf zu. Damit kann die Industrie die Technologie rechtssicher ausbauen, die Bundesregierung hofft auf einen Vorsprung deutscher Firmen. Verbraucherschützer bemängeln aber, dass vieles unklar bleibt und das Gesetz die Hersteller zulasten der Fahrzeughalter bevorzugt.
Bis autonome Autos durch Deutschland fahren, kann es zwar noch viele Jahre dauern, Deutschland gibt aber bereits jetzt einen Rahmen vor, bis es eine europäische Lösung gibt. Danach können autonome Fahrzeuge im Regelbetrieb auf öffentlichen Straßen eingesetzt werden – in vorher festgelegten Bereichen. Dennoch gibt es Kritik: „Soll bei Unfällen durch komplett selbstfahrende Autos wirklich der Fahrzeughalter haften – oder nicht doch besser der Hersteller?“, fragt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er findet es falsch, die Hersteller nicht voll einzubeziehen.
Das Gesetz regelt, dass in einem autonom fahrenden Fahrzeug der Halter eine Haftpflichtversicherung abschließen soll. So gilt es bereits in der nicht autonomen Welt, in der der Fahrer eines Autos haftet, wenn er einen Unfall hat. Beim autonomen Fahren ist der Mensch aber nur noch Passagier. Er hat keine Möglichkeit, ins Fahrgeschehen einzugreifen. Gesteuert wird das Fahrzeug unter anderem durch eine Software, die dafür Daten aus den Sensoren des Fahrzeugs und allgemeine Verkehrsdaten verwendet. Für die Software ist der Hersteller des Fahrzeugs verantwortlich. Die Verbraucherzentralen fordern daher, Hersteller in die Pflicht zu nehmen.
Unklar ist auch noch, wer Zugriff auf welche Daten hat. Denn ein autonomes Fahrzeug liefert Angaben unter anderem über Geschwindigkeit, Straßenverhältnisse, Wetter, wer in ihm sitzt, wo es hingeht. Mit diesen Informationen lassen sich neue Dienste anbieten. Die Verbraucherschützer fordern, dass nicht die Autohersteller die Kontrolle über wesentliche Informationen haben, sondern die Daten anonymisiert für alle zugänglich sind. Auch die FDP hält das für nötig und schlägt eine zentrale Stelle für die Daten vor.
Bisher wird autonomes Fahren auf einem Stück der Autobahn 9 in Bayern getestet. Zudem gibt es Projekte mit fahrerlosen Kleinstbussen. Verbraucherschützer Müller hätte sich gewünscht, dass sich die Politik mehr Zeit für das Gesetz genommen hätte. „Ich verstehe, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer noch ein paar seiner Projekte bis zum Ende der Legislaturperiode abarbeiten will. Das Thema autonomes Fahren ist aber zu wichtig und komplex, um es im Hauruck-Verfahren durch das Parlament zu jagen.“
Das Kabinett hatte das Gesetz im Februar beschlossen, der Bundestag stimmte am späten Donnerstagabend zu. Union, SPD und FDP stehen hinter dem Gesetz, Grüne und Linke sehen Nachbesserungsbedarf, die AfD lehnte es ab. Ende Juni verhandelt der Bundesrat.