München – Die geplante Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen (DW) wird auch in Oberbayern kontrovers diskutiert. „Ich sehe die Fusion mit Sorge, weil sich jetzt noch mehr Wohnraum bei einem gewinnorientierten Unternehmen ballt“, kritisiert Beatrix Zurek. Sie ist die 1. Vorsitzende des Mietervereins München. In ihren Augen wäre die fusionierte Vonovia SE – so soll das Unternehmen heißen – als Aktiengesellschaft „nur der Rendite der Aktionäre und nicht den Mietern verpflichtet“.
Gemeinsam bringen es die beiden Immobilienriesen auf 5843 Wohneinheiten in München und 18 540 im gesamten Freistaat. Neben München ist der Landkreis Fürstenfeldbruck mit 995 Wohnungen ein Ballungsgebiet. In Dachau herrscht wegen der geplanten Übernahme große Unsicherheit. Die Isaria GmbH, eine Tochter der DW, will auf dem 17 Hektar großen Gelände der ehemaligen MD-Papierfabrik ein neues Quartier mit 1000 Wohnungen sowie großen Gewerbeflächen bauen. Bisher ist der städtebauliche Vertrag jedoch noch nicht unterschrieben und noch ist unklar, wie es weitergeht. Ein Scheitern des Projekts würde in Stadtbild und -kasse ein großes Loch hinterlassen.
Besonders die DW sieht sich an ihrem Hauptstandort Berlin seit Monaten starker Kritik ausgesetzt. Bei der Bekanntgabe der Fusionspläne haben sich beide Immobilienkonzerne bereit erklärt, die jährlichen Mietsteigerungen für drei Jahre auf ein Prozent zu begrenzen – allerdings nur in Berlin.
Zurek sieht sich bestätigt: „Die Zusicherungen an das Land Berlin sind kaum mehr als der Gesetzestext. Man reicht lieber den kleinen Finger, bevor man die ganze Hand verliert.“ Deshalb bleibt sie skeptisch: „Wenn wir faire Mietpreise wollen, müssen wir den Wohnungsbestand zurück in die Hände der Bürger geben – in Form von kommunalem Wohnungsbau und Genossenschaften.“
„Ich persönlich würde den Effekt der Fusion nicht zu hoch einschätzen, aktuell sehe ich weder Be- noch Entlastungen auf die Mieter zukommen“, meint dagegen Stephan Kippes. Er ist Geschäftsführer des Immobilienverbands Süd (IVD). „Der deutsche Mietmarkt mit seinen etwa 40 Millionen Wohnungen ist stark ausdifferenziert, deshalb wird die Vonovia SE auch mit 500 000 Immobilien das Geschehen nicht bestimmen können“, gibt Kippes zu bedenken. Denn mehr als 14 Millionen Wohnungen seien im Besitz von Klein- und Amateurvermietern, weit mehr als die über neun Millionen Immobilien gewerblicher Anbieter. Zu diesen zählen vor allem öffentliche Unternehmen und Genossenschaften, nur etwa vier Millionen Wohnungen sind im Besitz von gewerblichen Immobilienkonzernen wie der Vonovia.
Außerdem seien Konzerne gar nicht das Problem, denn egal wie groß die Firma sei, sie müsse sich an die Vorgaben zum Mieterschutz halten. „Auf den Münchner Wohnungsmarkt wirken ganz andere Faktoren. Wir werden mindestens bis 2030 jedes Jahr 0,75 Prozent Zuzug haben, das treibt die Preise am stärksten. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen in Ein-Personen-Haushalten leben. Die brauchen viel mehr Quadratmeter als mehrere Menschen, die sich die Gemeinschaftsräume teilen“, so Kippes. Um Druck vom Markt zu nehmen, müssten jetzt alle Register gezogen werden. Konkret heißt das: „Es müssen Wohnungen – besonders Werks- und Genossenschaftswohnungen – gebaut und Gewerbe- in Wohnfläche umgewandelt werden.“
MATTHIAS SCHNEIDER