MAN und Sono Motors geben sich Antrieb

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

München – Thomas Hausch wirkt zufrieden. „Wir haben ein neues Geschäftsfeld aufgebaut“, sagt der Strategiechef des Jungunternehmens Sono Motors aus München. Das ist die Lizenzierung von Sono-Solartechnologie für andere Fahrzeughersteller, wobei die Gefährte nicht unbedingt auf Straßen unterwegs sein müssen. Auch Züge oder Schiffe sind für die sehr spezielle und patentgeschützte Sono-Solarmodultechnik denkbar. Den Beginn machen die Münchner mit dem Großkonzern MAN. Mit ihm wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, die in Machbarkeitstests zur Verwendung der Sono-Technik beim elektrischen MAN-Transporter eTGE münden soll (wir berichteten). Seitens MAN ist der Erwartungshorziont klar umrissen. „Ziel ist es, zu erfahren, wie viel Energie durch die Photovoltaik-Technik über das Jahr gewonnen werden kann“, erklärt MAN-Strategiechef Dennis Affeld. Danach könne man dann bewerten, ob sich die Technologie für typische Kunden des Lieferfahrzeugs rechnet und zugleich die Umwelt schont.

Mathieu Baudrit ist optimistisch. „Unsere Technologie ist skalierbar“, sagt der Teamleiter für Solarintegration bei Sono Motors. Bis zu 35 Kilometer mehr Reichweite an einem sonnigen Tag sei durch Solarzellen auf der Karosserie beim eTGE machbar. Das leitet sich aus den Erfahrungen des ersten Sono-Modells namens Sion ab, das derzeit fertig entwickelt und ab 2023 in den ehemaligen Saab-Werken im schwedischen Trollhättan vom Band laufen soll. Eine solche Reichweitenverlängerung wäre nicht schlecht für den Elektrotransporter, dessen Batterie aktuell 115 Kilometer schafft. Wenn dann noch Heizung oder Klimaanlage laufen oder der eTGE als typischer Lieferwagen mit Kühlaggregat unterwegs ist, dürfte es mit den 115 Kilometern eng werden. „Mit unseren Solarmodulen können wir die Reichweite erhalten“, verspricht Baudrit. Entweder also übernehmen die flexibel formbaren Sono-Paneele Zusatzverbräuche oder sie sorgen dafür, dass der Transporter ohne nachzuladen weiter fahren kann.

Die eigentliche Frage ist, um wie viel teuerer ein eTGE dadurch wird und ob sich das für Käufer wirtschaftlich lohnt. Ab Sommer soll das nun etwa ein Jahr lang getestet werden. Kommt dabei ungefähr heraus, was Sono erwartet, soll die Technologie an MAN lizenziert werden. „Das wäre denkbar“, bestätigt man beim Nutzfahrzeughersteller. Dann könne man die Paneele auch bei Bussen oder Lastwagen einsetzen, wo die zur Verfügung stehenden Flächen noch größer sind. Das ist auch das Ziel von Sono. Aber Hausch denkt weiter. Auch an andere Fahrzeughersteller wolle man Lizenzen vergeben. Nicht so viele Autos wie möglich zu verkaufen treibe Sono und dessen Gründer an, sondern die Vision einer gesunden Umwelt und grüne Mobilität ohne fossile Kraftstoffe.

„Ich vermute, dass eines Tages mehr Quadratmeter an Sono-Solarzellen lizenziert, als auf unseren eigenen Autos unterwegs sind“, sagt Hausch. Integrierte Photovoltaik für Fahrzeuge aller Art biete niemand so ausgereift und kostengünstig wie Sono, sagt Baudrit. „Seit einem Jahr gibt es viel Interesse daran“, erzählt er. Mit MAN sei man sich nun als erstem Geschäftspartner einig geworden. Exklusiv sei die Kooperation aber nicht. „Der Markt ist groß“, glaubt Baudrit. Es zeichne sich ab, dass viele Städte bald nur noch Elektrofahrzeuge in ihr Zentrum lassen, um Umwelt und Bewohner zu schützen. Dann müssten Lieferfahrzeuge ausreichend elektrische Reichweite haben. „Lizenzgeschäfte können potenzieren, was wir vorhaben“, sagt Hausch zum zweiten Standbein des Jungunternehmens.

Wie ernst es dessen Gründer mit ihren grünen Visionen meinen, wurde klar, als sie sich Ende 2019 mit Investoren überworfen haben, weil die auf eine gewinnmaximierte Strategie zu Lasten von Nachhaltigkeit gedrängt haben. Die Pleite stand deshalb zeitweise bevor. Aber eine bis dahin in diesem Ausmaß in der Autoindustrie nicht gesehene Crowdfunding-Kampagne hat das Blatt gewendet und das Aus verhindert. Auch den Corona-Schock hat Sono verdaut. Der Produktionsstart für den Sion musste aber wegen der Pandemiefolgen von diesem Herbst auf 2023 verschoben werden. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass es damit klappt“, sagt Hausch. „Wir haben jetzt 13 000 Reservierungen und diese Kunden wollen wir nicht enttäuschen“, betont er. Diese Kunden haben ihren vorbestellten Sion, der von Anfang an auch als Carsharingauto zum Teilen und als Stromspender für eine Welt intelligenter Stromnetze entworfen wurde, mindestens anbezahlt. Das bedeutet 278 Millionen Euro Auftragsbestand und zugleich eine Menge Vertrauensvorschuss. Die Idee des Sion muss sich aber auch rechnen. Dazu sollen Technologielizenzen beitragen. Mit MAN als potenziell erstem Lizenznehmer ist dafür nun ein Grundstein gelegt.

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