MAN-Werk macht sich fit für den elektrischen Güterverkehr

von Redaktion

München – Techniker sind meist nüchtern formulierende Menschen. Bevor Matthias Meindl, der Leiter des MAN-Werks München, einräumt, dass er fast enthusiastisch in die Zukunft blickt, muss einiges passiert sein. Von einer „Riesenchance für den Standort“ und von einem „Meilenstein“ sprach Meindl. Nicht immer waren die Einschätzungen für das Werk so optimistisch. Immer wieder in den vergangenen Jahren mussten die rund 4000 Mitarbeiter um ihre Zukunft bangen. Eine gestern enthüllte Leuchtschrift soll Zweifel an dieser Zukunft zerstreuen: MAN eMobility-Center steht nun über einer der Hallen – aus dem Werk München sollen 2024 Elektro-Lkw rollen.

Innovation ist in dieser neu beschrifteten Halle eigentlich nichts Neues: Hier wurden bisher neue Lkw-Modellreihen vom Prototypenstadium zur Produktionsreife gebracht. Nun geht es aber nicht nur um neue Modelle, sondern um den Einstieg in die Fahrzeugtechnik der Zukunft. Von einer „Keimzelle der elektrischen Bewegung“ sprach MAN-Chef Andreas Tostmann.

Äußerlich sieht man batterieelektrischen Nutzfahrzeugen nicht an, welche technische Herausforderung in ihrer Entwicklung und Produktion steckt. Man hat es mit elektrischen Spannungen von 800 Volt zu tun und beim Laden mit Stromstärken von 1200 Ampere. Das ist rund das 75-Fache dessen, was eine haushaltsübliche Steckdose verkraftet. Doch es geht dabei nicht nur um den Schutz vor potenziell tödlichen Folgen dieser gewaltigen Energie.

In vieler Hinsicht muss der Lkw neu entwickelt werden. Ein Beispiel: Die elektrische Energie, die zum Motor geführt wird, kann nicht allein durch dicke Isolierung gebändigt werden. Über elektromagnetische Wechselwirkungen könnte sie herkömmliche Autoelektrik trotzdem durcheinanderbringen und auch das Bordcomputernetz, erklärt Holger von der Heide, der das neue Zentrum leitet. Da muss peinlich darauf geachtet werden, dass Leitungen sich nicht im falschen Winkel kreuzen. Böse Überraschungen wären die Folge.

Nicht nur die Mitarbeiter, die künftig täglich mit Hochvolttechnik zu tun haben, werden hierfür intensiv geschult, alle Mitarbeiter des Werks werden für die künftigen Anforderungen fit gemacht. Doch der Schwerpunkt liegt bei der Umstellung der Produktion. Jeder einzelne der zahlreichen Produktionsschritte in der riesigen Montagehalle nebenan, kann im eMobilityCenter trainiert werden.

Große graue Planen über Teilen des Inventars deuten an, dass hier Neues entsteht, das vor allzu neugierigen Augen geschützt werden soll. Darunter versteckt sind Erfindungen, die noch nicht ausreichen patentrechtlich geschützt sind. Denn nur gehüteter technischer Vorsprung kann in der Elektromobilität Marktanteile sichern.

Doch ganz so schnell wird die neue Technik nicht dominieren. „Der Diesel wird noch für viele Jahre in vielen Teilen der Welt eine Rolle spielen“, sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW). Und bei aller Freude über den „historischen Moment“ wird auch der MAN-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Saki Stimoniaris im Hinblick auf den Diesel ein bisschen wehmütig. „Wir sollten das, was uns bis hierher gebracht hat, nicht verteufeln“, sagte er. M.PREM

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