VW bekommt Schadenersatz in Rekordhöhe

von Redaktion

VON JAN PETERMANN

Wolfsburg – Es ist eine Rekordsumme, angesichts der Dimension der Dieselkrise aber gleichzeitig nur ein eher symbolischer Betrag: Volkswagen erhält von Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, drei weiteren früheren Topmanagern und Haftpflichtversicherungen fast 288 Millionen Euro Schadenersatz. So soll zumindest ein Teil der Mitverantwortung für die Abgasaffäre abgegolten werden, die 2015 ans Licht kam.

Eine vom VW-Aufsichtsrat beauftragte Kanzlei hatte die verwickelten internen Abläufe in der Zeit davor geprüft. Auf Basis der Ergebnisse entschied das Unternehmen, neben Winterkorn auch dessen Kollegen Rupert Stadler, Wolfgang Hatz und Stefan Knirsch zu belangen. Nach dem Grundsatzbeschluss im März steht jetzt die endgültige Einigung.

Winterkorns private Überweisung wird mit 11,2 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch sein wie die fünf Millionen, die Heinrich von Pierer infolge des Schmiergeldskandals beim Elektroriesen Siemens leisten musste. Für den lange als „Mr. Volkswagen“ geachteten Manager kommt eine solche Selbstbeteiligung indes nicht einmal an die 17 Millionen Euro heran, die er in seinen besten Jahren an Gehalt einstrich. Seine persönliche und die von den Versicherern zugesagten Zahlungen – letztere liegen bei 270 Millionen Euro – übertreffen nach Angaben eines Unterhändlers die Werte bei allen bisherigen Wirtschaftskrimis hierzulande. Mehr als 30 Anbieter sogenannter D&O-Policen („Directors and Officers“), die auf Haftungsrisiken im Management spezialisiert sind, beteiligen sich – darunter Größen wie Allianz, Zurich oder Axa. Herausgekommen sei am Ende die „mit Abstand höchste Summe, die ein solches Konsortium in Deutschland jemals auf den Tisch gelegt hat“.

Dennoch deckt das Geld weniger als ein Hundertstel dessen ab, was der Abgasbetrug VW aus der Bilanz fraß. Die Diesel-Rechtskosten machen im größten deutschen Konzern inzwischen über 32 Milliarden Euro aus.

Drei Co-Manager aus Winterkorns Zeit schlossen sich der Einigung an. Ex-Audi-Chef Rupert Stadler selbst überweist 4,1 Millionen Euro. Bei ihm und Winterkorn geht es um die Verletzung von Sorgfaltspflichten im Aktienrecht. Der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz steuert 1,5 Millionen Euro bei, Stefan Knirsch von Audi eine Million Euro.

VW hatte auch vom Ex-Entwicklungschef der Kernmarke und von Audi, Ulrich Hackenberg, Schadenersatz verlangt. Dieser sei aber „nicht zu einer Einigung bereit“, hieß es. Als Konsequenz sollen deshalb nun „gerichtliche Schritte“ gegen ihn vorbereitet werden.

Gegenüber dem US-Justizministerium hatte Volkswagen relativ früh ein prinzipielles Schuldanerkenntnis abgegeben, jedoch zusätzlich die Vorgänge in den eigenen Reihen durchleuchten lassen. Dabei drehten die externen Anwälte so gut wie jeden Stein um. 65 Millionen Gigabyte an Daten wurden gesichert, laut VW die „aufwendigste Untersuchung in einem Unternehmen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte“.

Im Fall Winterkorns lautet der Befund aus Sicht von VW: Der damalige Chef soll es nach dem Krisengespräch am 27. Juli 2015 versäumt haben, „die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Software-Funktionen in 2,0-Liter-TDI-Dieselmotoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären“. Nach früherer Darstellung erfuhr Winterkorn von den Manipulationen erst kurzfristig – der Informationsfluss im Konzern sei mangelhaft gewesen, erklärte er vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages 2017. Die Berliner Staatsanwaltschaft zieht Teile der Äußerungen in Zweifel, sie klagte Winterkorn wegen Falschaussage vor dem parlamentarischen Gremium an.

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