Klimaneutral fliegen: Merkel macht Druck

von Redaktion

VON WOLFGANG MULKE

Berlin – Die pandemiebedingte Krise im Luftverkehr ist noch nicht überwunden, da steht der Branche die nächste schwierige Aufgabe bevor: Auf dem Nationalen Luftverkehrskongress in Berlin schrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Fluggesellschaften öffentlich ins Aufgabenbuch: „Die Dekarbonisierung aller Bereiche duldet keinen Aufschub mehr.“ So bald wie möglich müsse die Luftfahrt neue Antriebstechnologien nutzen, hybridelektrisch und später mit Wasserstoff fliegen. Auch nachhaltiges Kerosin müsse bald eingesetzt werden. Die Hürden sind der Kanzlerin bewusst. „Derzeit lassen Preise und Menge noch zu wünschen übrig“, räumte sie ein.

Spohr: Bio-Treibstoff ist zehnmals so teuer

Lufthansa-Chef Carsten Spohr zufolge kosten klimaneutrale Treibstoffe derzeit zehn Mal so viel wie herkömmliches Kerosin. „Das werden wir ohne den Staat nicht schaffen“, sagte Spohr. Darauf wollte sich die scheidende Kanzlerin nicht einlassen. Merkel hofft vielmehr auf sinkende Preise für den klimaneutralen Sprit. Das Problem bleibt ungelöst

Lufthansa will Hilfen rasch zurückzahlen

Lufthansa-Chef Spohr bekräftigte auf der Konferenz, die Staatshilfen schnell wieder zurückzuzahlen und nannte erstmals einen konkreten Zeitraum. „Wir wollen eines der ersten Unternehmen sein, das die Hilfe zurückzahlt“, sagte der Vorstandschef der Airline. Dies könne noch vor der Wahl der Fall sein. Das Unternehmen musste nach dem nahezu vollständigen Einbruch der Luftfahrt im vergangenen Jahr mit Hilfsmilliarden über Wasser gehalten werden. Zwei Milliarden Euro nahm die Airline in Anspruch, die Hälfte ist bereits getilgt.

Airbus und MTU lassen Krise hinter sich

Immerhin hat die Luftfahrtindustrie das Tal durchschritten. Die großen Hersteller wie Airbus oder der Münchner Triebwerkshersteller MTU sind vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen. Mit 850 000 Beschäftigten in Deutschland ist die Sparte insgesamt auch ein wichtiger Arbeitgeber. Doch viele Jobs, etwa an den Flughäfen, sind verloren gegangen, wie die Gewerkschaft Verdi beklagt. So hätten 44 Prozent der Beschäftigten beim Bodenpersonal aufgehört, erläuterte Verdi-Luftfahrtexpertin Mira Neumaier. Branchenweit seien es 16 Prozent. Dass die Industrie darunter weniger leidet, liegt vor allem am internationalen Luftverkehr. In China und den USA hat der Flugverkehr inzwischen wieder das Niveau vor der Krise erreicht. Das bedeutet auch eine Nachfrage nach neuen Maschinen.

Immer noch keine Geschäftsreisenden

In Deutschland fehlen jedoch weiterhin die Passagiere. Aktuell liegt das Minus im Vergleich zu 2019 bei 80 Prozent. Nur im touristischen Geschäft kehren die Reisenden allmählich zurück. Geschäftsreisen finden dagegen weiterhin nicht statt. Nun hofft die Branche auf Reiseerleichterungen, vor allem auf Fernstrecken über den Atlantik.

Billigflüge soll es weiterhin geben

Einschränkungen auf Kurzstrecken erteilt die Bundesregierung eine Absage. Auch müssen sich die Reisenden wohl nicht auf höhere Gebühren für die Nutzung der Flughäfen einstellen. Die ersten Billigtickets, etwa von EasyJet, sind längst wieder im Angebot. Auch macht die Lufthansa mit der neuen Tochter Eurowings Discover auf Langstrecken dem Ferienflieger Condor bald Konkurrenz. Das ist Verkehrsminister Andreas Scheuer ganz recht. „Flugtickets sollen weiterhin für alle bezahlbar bleiben“, sagte der CSU-Politiker.

Artikel 3 von 7