München – Pessimismus beschleicht viele Beschäftigte der heimischen Autoindustrie, wenn sie an die anstehende Mobilitätswende hin zum Elektroantrieb denken. Wie viele Arbeitsplätze bleiben übrig? Für etwas Entspannung mag da eine neue Studie sorgen: Die komplette Jobzahl in der Autoindustrie und verwandten Branchen – etwa 1,7 Millionen Stellen – kann bis 2030 konstant bleiben, auch wenn der Verbrennungsmotor nach und nach durch den elektrischen Antrieb abgelöst wird.
Die Untersuchung stammt von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und der Organisation Agora Verkehrswende. Diese sehen allerdings „signifikante Verschiebungen der Arbeitsplätze zwischen den beteiligten Industriezweigen“ voraus. Und für hunderttausende Beschäftigte komme es wohl zu starken Veränderungen ihres Berufsbildes – Umschulungen sind angesagt. Regional könnten Bayern und Baden-Württemberg einige Arbeitsplätze verlieren, Westen, Norden und Osten Deutschlands hingegen welche hinzugewinnen.
Insgesamt gehen BCG und Agora davon aus, dass der automobile Industrie- und Dienstleistungssektor hierzulande 1,7 Millionen Menschen beschäftigt. Im Kern der Autoindustrie, bei den Markenfirmen und großen Zulieferern, arbeitet knapp eine Million Leute. Die Fahrzeughersteller würden bis 2030 etwa 70 000 Arbeitsplätze verlieren, erläuterte Kristian Kuhlmann (BCG). Zulieferfirmen büßen knapp 100 000 Stellen ein. Und bei Wartung und Reparatur in den Werkstätten fielen etwa 15 000 Jobs weg. Erklärung für diese Verluste: Einen Antriebsstrang mit Verbrennungsmotor, Kupplung, Schaltung, Getriebe und Auspuff brauchen E-Autos nicht. In ihnen stecken weniger Teile, was den Arbeitsaufwand reduziert.
Andererseits bringt die E-Mobilität zusätzliche Beschäftigung mit sich. Profitieren werden Firmen, die die elektrischen Komponenten beisteuern, unter anderem die Batteriezellen. Dort wird die Nachfrage enorm steigen. Gleiches gilt beispielsweise auch für die Energieinfrastruktur. Solar- und Windkraftwerke nehmen zu, Stromnetze müssen ausgebaut, Ladesäulen errichtet werden. Die Autoren rechnen in diesen Bereichen mit über 200 000 zusätzlichen Stellen.
HANNES KOCH