Zürich – Im Sog der Finanzkrise 2008 und unter internationalem Druck kollabierte die Steueroase Liechtenstein. Das Geldversteck für ausländische Anleger brauchte legale Geschäftsmodelle. Eines sind Spielcasinos, die im kleinen Fürstentum aufblühen.
Derzeit locken fünf Casinos mit Roulette, Blackjack und Spielautomaten. Weitere warten auf die Eröffnung oder sind in der Planung. Dabei wird auch im nahen Bad Ragaz (Schweiz) und in Bregenz (Österreich) mit Glücksspiel Geld verdient. Schon ist die Rede von einem „Las Vegas in den Alpen“.
Dem widerspricht Martin Frommelt: „Alle fünf Liechtensteiner Casinos zusammen sind kaum halb so groß wie eines der großen Häuser in Las Vegas“, sagt er. Im Durchschnitt zähle ein Betrieb ungefähr neun Spieltische und 160 Geldspielautomaten. Frommelt ist Mediensprecher der Casinos Austria AG, die im Fürstentum zwei der fünf Spielstätten betreibt. Auch die Spielbank in Bregenz gehört zum Casinos-Austria-Konzern, der mehrheitlich in tschechischer Hand ist.
Österreichische Adressen sowie Geld aus Tschechien und Bad Ragaz beherrschen noch das Spielfeld. Deutsche beginnen ebenfalls mitzumischen, auch aus Bayern: Die Familie Schmid, der der Spielautomatenhersteller psmtec gaming in Illertissen gehört, hat Probleme. Ihr „Casino Maximus“ in Schaan ist fertig, kann aber nicht öffnen. In Vaduz wird gemunkelt, ihre Firma MCL-Resorts AG schaffe es nicht, genug qualifiziertes Personal mit tadellosem Leumund zu akquirieren.
Für eine Konzession müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein. Auch Betrieb und Management werden überprüft. Áls Manko des Bewerbers gilt, dass er bisher keine Spielbank geleitet hat. MCL-Resorts äußerten sich auf Anfrage nicht. Das Amt für Volkswirtschaft schreibt, der Antragsteller „konnte die erforderlichen Nachweise bisher nicht erbringen“.
Von zehn Spielbanken in diesem Jahr war bereits die Rede. Daraus wird nichts. Ein Projekt ist ganz gestrichen, ein weiteres steht in den Sternen. Die Bruttospielerträge der seit September fünf Casinos erreichten 2020 mit 78 Millionen Schweizer Franken trotz Corona fast die 80 Millionen des Vorjahres. Die Staatskasse erhielt daraus 27 Millionen Geldspielabgabe und eine weitere Million Aufsichtsabgabe. Die Unternehmenssteuer drückt bei einem Satz von 12,5 Prozent nicht besonders.
Trotz aller Regulierungen haben Glücksspiele einen zweifelhaften Ruf. Kritische Liechtensteiner befürchten einen neuerlichen Imageverlust, abgesehen vom Verkehrsaufkommen. Aber die Regierung in Vaduz fühlt sich auf der sicheren Seite, schließlich sind Spielbanken von Las Vegas über Baden-Baden bis Macau rund um die Welt akzeptiert. Sie könnte auch auf den „Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland“ verweisen, der darauf abzielt, „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“. Ob der Lockruf an Ausländer diesem Ziel ernsthaft dient, ist eine andere Frage.