Frankfurt – Die Deutsche Bank hat 229 Millionen Euro zurückgestellt, die Commerzbank will unaufgefordert auf Kunden zugehen und Lösungen finden. Andere Institute schweigen zu möglichen Belastung aus einem Gerichtsurteil von Ende April über zu Unrecht kassierte Gebühren. Während die Deutsche Bank, wie zu hören ist, annähernd neun Millionen Kunden möglicherweise entschädigen will, stellt sich manche Volksbank, Sparkasse und Sparda-Bank quer. Für Verbraucherschützer ein Skandal.
Hintergrund ist ein Urteil des BGH vom 27. April (Az.: XI ZR 26/20), auf das Banken und Sparkassen höchst unterschiedlich reagieren. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat festgestellt. „Einige erstatten die Gebühren, andere mauern und wieder andere drohen mit dem Ende der Geschäftsverbindung.“ Die BGH-Richter hatten moniert, dass Gebühren etwa für Girokonten von den Geldhäusern ohne ausdrückliche Zustimmung festgesetzt wurden. Die Folge: Kunden können auf diese Weise bis 2018 erhobene Gebühren zurückfordern. Da geht es für einige Kunden um 150 Euro und mehr – doch etliche Institute blockieren. „Einige Institute bewegen sich erneut auf dünnem Eis, wenn sie die weitere Kontonutzung, und sei es nur eine Auszahlung am Geldautomaten, als Zustimmung zur Vertragsfortsetzung zu geänderten Konditionen werten“, sagt Nauhauser. Das sei rechtswidrig, in solchen Fällen prüfe man juristische Schritte.
Der Verbraucherzentrale in Stuttgart liegen etliche Schreiben von Instituten vor: Die Volksbank Friedrichshafen-Tettnang schreibt etwa ihren Kunden, der BGH habe in mehreren Fällen geurteilt, dass eine Erhöhung als vereinbart gelte, wenn dem drei Jahre lang nicht widersprochen werde. Nur: Dies bezieht auf ein BGH-Urteil zu Energielieferungen aus dem Jahr 2016.
Die Volksbank Göppingen fordert unmissverständlich, dem aktuellen Kontomodell bis 1. November zuzustimmen. Gleichzeitig sollen sie auf Rückforderungen verzichten. „Tun sie das nicht und nehmen unser Angebot auch nicht an, sehen wir uns gezwungen, den Kontovertrag ab dem 2. November 2021 ordentlich zu kündigen“, heißt es weiter.
Sehr deutlich wird die Sparkasse Salem-Heiligenberg. „Der von Ihnen geforderten Rückerstattung können wir nicht nachkommen“. Laut BGH gelte der Preis, wenn er drei Jahre vom Kunden nicht beanstandet werde. „Bei Streitigkeiten mit Ihrer Sparkasse besteht die Möglichkeit sich an eine Schlichtungsstelle zu wenden“ heißt es.
Einem Kunden, der 108,80 Euro fordert, schreibt die Volksbank Freiburg, dass ein Anspruch auf Erstattung aufgrund des BGH-Urteils nicht bestehe. Man sei aber bereit, die Entgelte seit 1. November 2020 zu erstatten – stolze 14 Euro. Die Sparda-Bank Baden-Württemberg werde, sofern darauf bestanden werde, Gebühren erstatten. Verzichte der Kunde aber auf eine Erstattung, werde die monatliche Kontoführungsgebühr von fünf Euro bis 30. September 2024 garantiert. Bestehe er auf Erstattung, erhöhe sich der Preis auf 7,50 Euro. Werde keines der beiden Angebote angenommen, müsse die Bank das Konto kündigen. Bis Ende September soll sich der Kunde entscheiden.
Nauhauser hält solche Kündigungsdrohungen skandalös. „Informieren Sie uns bitte, damit wir ein derart dreistes Verhalten öffentlich anprangern können“, appelliert er an Bankkunden. Man werde die Finanzaufsicht BaFin auffordern, solche Kündigungsdrohungen aufsichtsrechtlich zu unterbinden. Zugleich empfiehlt er, in einem solchen Fall den Wechsel des Kreditinstituts zu erwägen.
Manche Institute lassen sich derzeit ohnehin nur schwer in die Karten schauen. Die Stadtsparkasse München etwa teilt auf Anfrage mit: Kunden der Sparkassen seien nicht unmittelbar von der BGH-Entscheidung betroffen, dennoch befasse sich das Institut mit dem Urteil. „Wir werden ein neues Preis- und Leistungsverzeichnis und neue AGB mit unseren Kunden vereinbaren. Diesen müssen sie dann auch zustimmen.“ Die genauen Folgen für Kunden? Unklar.
Eine Sprecherin der Sparda-Bank München sagte, dass alle 300 000 Kunden angeschrieben und über die neuen AGB informiert worden seien. „Wenn ein Kunde nein sagt, dann fehlt für die Zukunft leider die Geschäftsgrundlage.“ Dann bliebe nur die Kündigung.