Kabul/Peking – Bislang hat Afghanistan ein dominierendes Exportprodukt: illegales Opium. Zwischen 6000 und 8000 Tonnen liegt die Jahresproduktion – weit mehr, als auf der Welt davon legal für pharmazeutische Zwecke erzeugt wird. Örtliche Warlords am Hindukusch lebten ebenso von Schutzgeldern um den Schlafmohnanbau, wie die Taliban oder lokale Autoritäten. Doch eigentlich sitzt das Land auf einem echten Schatz: Rohstoffe. Es handelt sich neben Gold, Marmor, Edelsteinen, Gas, Kohle und Öl um Ressourcen, die für viele Zukunftstechnologien unverzichtbar sind: Kupfer oder Metalle der Seltenen Erden. Und in den Böden lagert ungefähr so viel des Batterie-Rohstoffs Lithium wie beim globalen Hauptproduzenten Bolivien.
Der Wert wird auf eine bis drei Billionen US-Dollar geschätzt. „In Wahrheit könnte es mehr sein“, sagte der damalige afghanische Rohstoffminister Wahidullah Schahrani bereits 2013. Das Rennen darum hat nach dem Abzug der westlichen Truppen begonnen. China hat im Vorfeld mit den neuen muslimischen Machthabern verhandelt. Bereits vor Jahren hatte sich das Reich der Mitte über Abbaulizenzen den Zugriff auf die größten Kupfervorkommen im Land, auf Uran, Öl und Gas gesichert. Auch andere Länder, Indien, Pakistan, Iran oder die Türkei, wollen die Reichtümer des vom Krieg verwüsteten Landes nutzen.
Nicht allen geht es nur um Rohstoffe. China hat das Interesse, Afghanistan in das Projekt „Neue Seidenstraße“ einzubinden. Iran ringt wegen der unterdrückten schiitischen Minderheit, die in Afghanistan rund ein Fünftel der Bevölkerung stellt, um Einfluss. Und auch die Türkei unter Recep Tayyip Erdogan verbindet wirtschaftliche und hegemoniale Ambitionen mit dem Anspruch, Schutzmacht aller Muslime zu sein.
Nach wie vor ist die Infrastruktur des Landes ein Hemmnis für die Erschließung der Güter. Das Schienennetz hat eine Länge von gerade 87 Kilometern. Eine von der China Metallurgical Group (MCC) geplante Gleisverbindung (von Pakistan über die Kupfermine Aynak, Kabul und Usbekistan nach China) wurde nie fertig. Die Sicherheitslage unterband den Ausbau. Auch die Mine, über die MCC das größte Kupfervorkommen der Welt erschließen möchte, liegt brach. Das Straßennetz ist abseits weniger Hauptrouten lückenhaft. Die meisten Flughäfen bestehen aus Schotterpisten. Der Aufbau der Verkehrsinfrastruktur wurde immer wieder versucht, scheiterte aber.
Eine Verbesserung der Sicherheitslage unter den neuen Machthabern ist alles andere als gewiss. Die Taliban sind keine homogene Gruppe und sie sind mit rivalisierenden Milizen verbündet. Es ist möglicherweise nur eine Frage der Zeit, wann alte Konflikte wieder aufbrechen und das Land erneut in den Krieg stürzen.