Lokführer: „Es geht leider nicht ohne Streik“

von Redaktion

München – Viele Lokführer legen erneut die Arbeit nieder – und Janik Täckelburg ist dabei. Natürlich, sagt er, würde er den Bahnkunden gern den Ärger ersparen, „aber es geht leider nicht ohne Streik“, meint er. „Offensichtlich können wir nur so unserem Arbeitgeber zeigen, dass wir es mit unseren Forderungen ernst meinen.“ Und um dies zu unterstreichen, wäre er auch bereit, noch öfter und länger die Arbeit niederzulegen. 3,2 Prozent mehr Lohn wollen die Lokführer – aber darum geht es Täckelburg gar nicht unbedingt. „Die Bahn will unsere Betriebsrenten um ein Drittel kürzen. Deshalb wehren wir uns so. Dies ist ja ein wichtiger Baustein unserer Altersvorsorge.“ Die Bahn bestreitet diese Kürzungspläne, aber Täckelburg traut den Aussagen nicht.

Und es gibt für ihn noch weitere Gründe, GDL-Boss Claus Weselsky zur Seite zu stehen. Die Corona-Prämie, die die GDL für jeden fordert: 600 Euro. „Wir waren ja während der Pandemie durchgehend im Einsatz, ob die Züge voll waren oder nicht. Und gerade die Zugbegleiter, von denen ja auch viele bei uns organisiert sind, haben die mehr als verdient.“

In der 600-Euro-Forderung, so hat man den Eindruck, spiegelt sich auch viel Frust und Enttäuschung wider. Denn viel Wertschätzung fürs Durchhalten während Corona gab’s von der Bahn-Führungsspitze bisher wohl nicht. „Nicht mal ein paar lobende Worte“, so Täckelburg. Und noch etwas kommt bei ihm nicht gut an: „Der Vorstand hat sich seine Bezüge um zehn Prozent erhöht.“ Trotz des Ärgers, seinen Beruf stellt der 20-Jährige aber nicht infrage. Auch wenn der Lokführer-Job nicht sein Bubentraum war – ein Onkel hat ihn drauf gebracht, „Büro wäre nichts für mich“.

Täckelburgs Aufgabe: Im Hauptbahnhof München Züge bereitstellen. Rund um die Uhr, mal Früh-, mal Spätschicht, dann auch mal eineinhalb Wochen Nachtschicht. Klingt anstrengend, ist aber für Täckelburg kein Grund zum Jammern. „Dafür hab ich ja freie Tage.“

Irgendwann, wenn er die vierjährige Fortbildung zum Verkehrstechniker – per Fernstudium – beendet hat, will er mal „auf Strecke gehen“, wie die Lokführer sagen: München–Berlin wäre was. Vielleicht mit ICE4. Auch wenn der neue Superzug dank seiner Technik die Lokführer zu „Bedienern“ degradiert, wie Täckelburg meint, dank des Schichtdienstes hat der junge Mann jeden Monat 2600 bis 2700 Euro auf dem Konto.

Gerecht? Die Frage stellt er sich nicht, „Ein Durchschnittsverdienst“, meint er. Aber natürlich macht er sich Gedanken. „Ein voller Zug transportiert 700 bis 1000 Menschen, und auch ein leerer ist ein Vermögen wert. 40 Millionen. Da kann man schon was kaputtmachen.“ Die Verantwortung ist groß. Und München ist teuer. Er wohnt in Rohrbach an der Ilm. Aber auch hier ziehen die Mieten an. Und damit ist man wieder bei der 3,2-Prozent-Forderung. „Die gleicht gerade mal so die Inflation aus“, findet Täckelburg. Dass er Gewerkschafter wird, war für den 20-Jährigen übrigens keine Frage. Die Mitgliedschaft bietet eine Berufshaftpflicht, außerdem werden Fortbildungen unterstützt. Und warum GDL und nicht die Konkurrenzgewerkschaft EVG: „Ich hab gesehen, dass von denen einige im Aufsichtsrat der Bahn sitzen, das ist mir zu verfilzt. Bei uns ist das nur einer.“ Claus Weselsky. Täckelburg findet ihn gut, „Weil er sich für uns einsetzt – und Menschen mobilisieren kann.“

WOLFGANG DE PONTE

Artikel 5 von 5