Berlin – Der Biopharma-Hersteller Valneva steuert auf Tests seines Corona-Impfstoffkandidaten an Jugendlichen zu. In Großbritannien sucht es derzeit 660 Studienteilnehmer zwischen zwölf und 17 Jahren, teilte das französisch-österreichische Unternehmen gestern mit. Später sollen Kinder unter zwölf in das Testprogramm aufgenommen werden. Es laufen bereits Tests an Erwachsenen und in einer gesonderten Studie an Senioren.
Valneva gilt als Impfstoff-Alternative, weil das Unternehmen einen traditionelleren Ansatz verfolgt. Der Wirkstoff in Entwicklung besteht aus kompletten Viren, die sich allerdings nicht mehr vermehren können. Im Volksmund wird so ein Präparat oft ein „Totimpfstoff“ genannt. Valneva folgt damit dem Wirkprinzip der ersten weit verbreiteten Impfungen vor über hundert Jahren.
Das Valneva-Produkt bietet sich damit als Alternative an für Fälle und Personen, in denen die modernen, gentechnisch hergestellten Pharmaka von Biontech, Astrazeneca, Moderna oder Johnson & Johnson dann doch subjektiv zu unsicher erscheinen – entgegen allen Erkenntnissen zu deren Verträglichkeit und Sicherheit. Beispielsweise im Einsatz bei Kindern oder Skeptikern, die den neuen Techniken absolut nicht vertrauen mögen.
Es gibt im Ausland bereits reichlich Erfahrung mit Totimpfstoffen gegen Corona. Chinas Gesundheitsbehörden haben zwei Milliarden Dosen der Mittel von Sinopharm und Sinovac verimpft. Hintergrund war in China jedoch keine Skepsis gegenüber den modernen Herangehensweisen von Biontech oder Astrazeneca. Im Gegenteil, die chinesische Industrie versucht gerade einen Schnellkurs in mRNA-Technik. Doch im vergangenen Jahr waren sie einfach noch nicht so weit.
Nun haben die Totimpfstoffe gegen Covid-19 einen entscheidenden Nachteil: Sie scheinen nicht so gut zu wirken wie die gentechnischen Konkurrenten. Die chinesischen Impfstoffe haben sich zwar einerseits als wirksam erwiesen, sie verhindern bei einer Mehrheit der Geimpften Krankheit und Tod. Doch trotz Durchimpfung der Bevölkerung muss China immer wieder örtliche Ausbrüche mit drakonischen Maßnahmen bekämpfen.
Die Datenlage zu den Impfstoffen ist vielschichtig und verwirrend. Gerade zu Chinas Impfstoffen kursieren sehr unterschiedliche Daten, weil die dortigen Studienergebnisse von internationalen Messungen erheblich abweichen. Im Gesamtbild lässt sich sagen, dass die Totimfpstoffe der chinesischen Pharmaindustrie etwa halb so gut vor Covid schützen wie die gentechnischen Produkte.
FINN MAYER-KUCKUK