Energiepreise alarmieren Bayerns Wirtschaft

von Redaktion

VON CORINNA MAIER

München – Die noch von der Corona-Pandemie lädierten bayerischen Unternehmen fürchten die Folgen der galoppierenden Energiepreise. Die Firmenchefs zählen sie mittlerweile zu den größten Risikofaktoren. Das ergab die jüngste Umfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK). Demnach sahen 83 Prozent der Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als Risiko, „vor einem Jahr waren es erst 29 Prozent“, berichtet BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl gegenüber unserer Zeitung. Der BIHK fordert daher die Abschaffung der EEG-Umlage sowie die Senkung der Stromsteuer auf das von der EU erlaubte Mindestmaß, um die Unternehmen zu entlasten. Die bayerische Wirtschaft bekenne sich dennoch klar zur Klimawende. Das gaben vier von fünf Unternehmen an.

Schon vor der Rekordfahrt der Preise von Sprit und Strom erklärten bei einer BIHK-Umfrage 30 Prozent der Befragten, dass sie in der Energiewende eine Gefahr für ihre Wettbewerbsfähigkeit sehen. Damit verbundene Chancen sahen rund 20 Prozent. Als besonders belastend bezeichneten die Unternehmen die hohen Strompreise – 60 Prozent, ein Rekordwert. BIHK-Präsident Klaus-Josef Lutz verlangte eine Entlastung bei den Steuern und Abgaben auf den Strompreis und einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energie mit vereinfachten Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Die Corona-Krise drohe wegen der Energiepreise zum Jahresende „nahtlos von einer veritablen Wirtschaftskrise abgelöst zu werden“, sagte Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Eine neue Wirtschaftskrise befürchtet die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zwar nicht, gleichwohl fordert sie krisensichere Lösungen für die Zukunft. Von der künftigen Koalition erwarte man, „dass sie langfristig die steigenden Energiekosten dämpft“, so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Dazu gehörten etwa die Förderung zum Umstieg auf andere Energieträger, aber auch die Senkung der Stromsteuer und der Wegfall der EEG-Umlage.

Auch das Handwerk sieht sich „hart getroffen von den hohen und sogar noch steigenden Energiekosten“, sagte der Präsident des Bayerischen Handwerkskammertages, Franz Xaver Peteranderl. Mitarbeiter von Handwerksbetrieben müssten täglich zu Kunden fahren oder an den Arbeitsplatz pendeln. Gewerke wie das Lebensmittelhandwerk seien sehr energieintensiv. Peteranderl forderte angesichts der hohen Spritpreise eine Erhöhung der Pendlerpauschale und eine Senkung des Steueranteils auf Sprit.

Eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke brachte angesichts der hohen Energiepreise der ehemalige BASF-Chef Jürgen Hambrecht ins Spiel. Der Chemiemanager saß vor zehn Jahren in der Kommission, die Bundeskanzlerin Angela Merkel eingesetzt hatte, um ethische Fragen des Atomausstiegs zu erörtern. Die Kommission, so erklärt Hambrecht heute gegenüber der „FAZ“, habe dem Ende der Kernkraft unter falschen Voraussetzungen zugestimmt. Weder sei die Rede davon gewesen, sich zugleich aus der Kohleverstromung zurückzuziehen, noch seien die ehrgeizigen Minderungsziele für Treibhausgase bekannt gewesen. Hambrecht, der sich schon in der Kommission gegen den Atomausstieg ausgesprochen hatte, beklagt nun, dass es in Deutschland damals keine Abwägung zwischen Kernenergie und der Erderwärmung gegeben habe. „Genau das aber brauchen wir“, meinte er.

Artikel 2 von 6