Frankfurt – Vor einem Jahr waren es nicht einmal 20 000 Dollar. Aktuell kostet ein Bitcoin gut 62 000 Dollar, am 20. Oktober lag der Rekord bei 66 930 Dollar. Und die Prognosen sind rosig. Von bis zu 100 000 Dollar bis zum Jahresende ist die Rede. In einer Studie der DZ Bank werden auf lange Sicht sogar Preise von 175 000 Dollar genannt. Mehr noch: „Eine Wiederholung der Rallye, die vor rund einem Jahr begonnen und etwa ein halbes Jahr lang angehalten hatte, würde den Kurs der Kryptowährung sogar in die Region um 300 000 Dollar bringen“, sagt DZ Bank-Experte Sören Hettler.
Um gleich einzuschränken, dass solche Vorhersagen ein in Zahlen ausgedrücktes Bauchgefühl seien. „Bitcoin & Co. bleiben ein hochriskantes, spekulatives Anlageobjekt.“
Trotzdem schielen offensichtlich auch immer mehr Privatanleger vor allem auf die Krypotwährung Bitcoin – wobei es sich faktisch aber um keine Währung wie Euro oder Dollar handelt, sondern ein unreguliertes, weder von Staaten, Finanzaufsehern noch von Notenbanken kontrolliertes Finanzprodukt.
Anlage-Möglichkeiten
Seit Mitte Oktober ist in den USA der erste börsengehandelte Fonds, ein sogenannter ETF, auf den Bitcoin zugelassen. Der „Bito“ des Anbieters ProShare investiert allerdings nicht direkt in den Bitcoin, sondern in Futures auf den Bitcoin, also in Termingeschäfte auf Basis der Kryptowährung. Bei einem Termingeschäft wird auf den Wert einer Währung oder Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft spekuliert.
Der Bito hat einen großen Vorteil. Anleger, die sich für den Bitcoin interessieren, müssen ihn nicht mehr direkt kaufen, sondern können auf den ETF ausweichen, der aktuell pro Anteil für gut 40 Dollar zu haben ist.
Ein Bitcoin-ETF in Deutschland ist derzeit nicht absehbar. Unter anderem deshalb, weil ein ETF auf mindestens fünf Finanzprodukten basieren muss und nicht auf einem.
Aber auch hierzulande können Kleinanleger in Bitcoins investieren, wobei auch Teile gehandelt werden, also etwa 0,1 oder 0,001 Bitcoins oder noch weniger. Das geht etwa über die Neo-Internetbank Nuri (ehemals Bitwala), über die Börse in Stuttgart und per Smartphone auch über die von der baden-württembergischen Börse kreierte Bison-App, über die die Kryptos wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Bitcoin Cash oder Ripple über das Smartphone gehandelt werden können. Auch die Deutsche Börse bietet in Frankfurt mittlerweile die Chance, in Kryptos wie Bitcoin und Ethereum zu investieren – über börsengehandelte ETN (Exchange Traded Notes). Faktisch sind das Schuldverschreibungen. Sie sind mit Bitcoin und Ethereum hinterlegt. Eine andere Option sind nach Angaben der Commerzbank auch Bitcoin-Fonds und Bitcoin-Zertifikate. Über Smartbroker sind hierzulande zudem ETC (Exchange Traded Commodity) auf den Bitcoin verfügbar. Nachteil gegenüber klassischen ETFs, die als geschützte Sondervermögen eingestuft sind: Auch hier handelt es sich wie bei ETN um Schuldverschreibungen. Anleger tragen das volle Risiko eines Totalverlustes. Was freilich auch für den Bitcoin selbst gilt.
Inflation hilft Kryptos
All diese Offerten treiben den Wert des Bitcoin. Aber dazu gesellen sich nicht nur nach Ansicht von DZ-Banker Hettler zwei weitere Faktoren: Die steigende Inflation und die Einstufung des Bitcoin als Alternative zu Gold. Von digitalem Gold ist sogar die Rede. Die steigende Inflation schwächt klassische Währungen, zugleich stellt sich die Frage, wie die großen Notenbanken reagieren. Bitcoin könnte vor Wertverlust schützen, zumal seine Menge auf 21 Millionen Einheiten begrenzt ist (sie soll erst im Jahr 2140 erreicht werden), während Notenbanken die Geldmenge durch Geldschöpfung ständig ausweiten und so der Inflation theoretisch Vorschub leisten können.
Allerdings ist Gold im Gegensatz zum Bitcoin und anderen Kryptowährungen selbst physisch vorhanden. Die gibt es nur als Bits und Bytes auf dem PC oder auf Speichermedien.
Mega-Stromverbrauch
Ein Problem bleibt der gigantische, klimabelastende Stromverbrauch für das „Schürfen“, also das Schaffen neuer Bitcoins über komplizierte Verfahren durch extrem aufwendige Rechnerleistungen. Allein die Abwicklung einer Transaktion im Bitcoin-Netzwerk verschlingt laut Bundesbank rund 427 Kilowattstunden – rund 460 000-Mal so viel Strom wie eine simple Bank-Überweisung.
Risiko Politik
Ein Risiko ist auch die politische Einstufung von Kryptogeld. China hat unlängst ein weitreichendes Verbot erlassen. Freilich gibt es in den USA und in Europa bislang keine ähnlichen Pläne. Für Verwirrung sorgte zeitweise auch Tesla-Gründer Elon Musk. Erst investierte er 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoin und wollte ihn auch als Zahlung für seine Autos akzeptieren. Kurz danach machte einen kompletten Rückzieher.
Technische Fragen
Kryptowährungen zu kaufen ist mit Aufwand verbunden.
Es bedarf eines passenden Handelsplatzes, es geht um die technische Funktionsweise und die Frage einer elektronischen Wallet, also eines Portemonnaies, in dem Bitcoin verwahrt sind. Sie wird auf dem PC, dem Smartphone oder Tablet gespeichert. Die Wallet ist durch einen meist komplizierten Code geschützt, der gleichzeitig eine Sicherungskopie ist. Geht er verloren, dann ist die Wallet dicht. Er sichert auch den Zugang zu seinen Bitcoins über andere PCs, sollte die eigene Festplatte oder das Smart- phone defekt sein.
Keinerlei Regulierung
Allenthalben warnen Experten und Aufsichtsbehörden wie die Finanzaufsicht BaFin vor den hohen Risiken, vor allem weil Bitcoin und Co faktisch keiner Regulierung unterliegen und die Kurse extrem stark schwanken. „Im schlimmsten Fall droht nicht weniger als der Totalverlust des eingesetzten Kapitals“, sagt DZ Banker Hettler. „Ein Engagement sollte folglich den Betrag nicht überschreiten, den Anleger als Verlust zu verkraften in der Lage sind.“ Der Handel mit Bitcoins sei hochspekulativ, sie könnten auch komplett wertlos werden, heißt es beim Verbraucherportal Finanztip.
Starke Schwankungen
Auch Vermögensverwalter sind zurückhaltend. „Eine Assetklasse, die sich seit Bestehen schon mehrfach binnen Monatsfrist halbiert hat, sehen wir derzeit nicht in unserer traditionellen Vermögensverwaltung“, sagt etwa Marko Behring von der Fürst Fugger Privatbank.