Infineon rechnet mit längerem Chipmangel

von Redaktion

VON MARTIN PREM

Unterföhring – Chips sind gerade ein sehr gefragtes Gut. Auch wenn Infineon nicht auf die Bauteile spezialisiert ist, deren Fehlen vor allem die Autobranche beutelt, hat der Münchner Chipkonzern auch von einem steigenden Bedarf profitiert. Die Nachfrage lag, wie Infineon-Chef Reinhard Ploss sagte, „in nahezu allen von uns bedienten Anwendungsbereichen über dem Angebot“. Angesichts der Marktlage konnte der Chiphersteller höhere Preise durchsetzen. Der damit zusätzlich erwirtschaftete dreistellige Millionenbetrag entspricht aber auf der anderen Seite dem, was Infineon zusätzlich für Rohstoffe aufwenden musste.

Dennoch hat der Konzern das im September abgelaufene Geschäftsjahr 2021 mit Rekorden abgeschlossen. Der Umsatz kletterte erstmals über 11 Milliarden Euro. Das Segmentergebnis erreichte 2,07 Milliarden. Euro, die entsprechende Renditekennziffer lag bei 18,7 Prozent. Nach Abschreibungen und Steuern blieb ein Ergebnis 1,117 Milliarden Euro. Das ist rund dreimal so viel wie im Vorjahr. Pro Aktie sind das 87 Cent. Davon sollen 27 Cent als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Ein Rekord auch beim Personal. Infineon hat nun mehr als 50 000 Mitarbeiter.

Dabei hat das Geschäftsjahr 2021 gezeigt, dass Infineon in der Vergangenheit auf das richtige Pferd gesetzt hat. Die Werke in Dresden und das gerade erst eröffnete zusätzliche Werk in Villach sind auf Leistungshalbleiter spezialisiert. Das sind Bauteile, die für die Energiewende unverzichtbar sind, in Solaranlagen, Windkraftanlagen, Wechselrichtern, aber auch in der Leistungselektronik. Alles Bereiche, die absehbar auch noch in den nächsten Jahren kräftiges Wachstum verzeichnen werden.

Zunehmend setzt Infineon dabei neben Silizium auf alternative Materialien. Siliziumkarbid beispielsweise, das vor allem bei hohen Stromstärken und bei Spannungen jenseits der 600 Volt Effizienzvorteile ausspielen kann. Es kann damit einen Beitrag dazu leisten, elektrische Energie einzusparen – vor allem in der Elektromobilität. „Wir erwarten, dass Siliziumkarbid bereits im Jahr 2025 mehr als 30 Prozent des Marktes für Leistungshalbleiter für elektrische Antriebe ausmachen wird“, sagt Ploss.

Ein Problem bei den entsprechenden Produkten: Es geht, wo aus Siliziumkarbid-Rohlingen erst Wafer und dann einzelne Chips werden, viel von dem teuren Material verloren. Durch neue Verfahren, bei denen nicht mehr nur gesägt und geschliffen wird, will Infineon diese Verluste minimieren. Ein zweiter Zukunftsrohstoff ist Gallium, das, so Ploss, bei niedrigen Spannungen und hohen Frequenzen Vorteile gegenüber Silizium hat. Und wo es beim Schalten auf Schnelligkeit ankommt. Auch darauf beruhen viele Zukunftshoffnungen. Doch beide Materialien werden das Silizium als Rohstoff nur ergänzen und nicht ersetzen. Es bleibt noch lange das Ausgangsmaterial für die allermeisten Halbleiter.

Die Marktlage bleibt angespannt: In vielen Bereichen werde die Chipknappheit, laut Ploss „bis weit in das Jahr 2022 bestehen bleiben“. Nur in einzelnen Feldern zeichnet sich eine gewisse Normalisierung ab. Infineon-Marketing-Vorstand Helmut Gassel nennt den Bereich der Unterhaltungselektronik, wo der pandemiebedingte Lockdown 2020 einen Nachfrageschub – etwa bei Fernsehern – ausgelöst hat. Bei Servern und in den Bereichen der erneuerbaren Energien und Automobil dagegen sind Chips nach wie vor Mangelware.

Der anhaltend hohe Bedarf signalisiert gute Wachstums-chancen auch für die weitere Zukunft. „Wir investieren deutlich mehr“, sagt Reinhard Ploss, „weil die Wachstumschancen für Infineon erheblich sind und wir sie nutzen wollen.“

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