Einzelhandel setzt auf deutsche Schweine

von Redaktion

VON LEON SIMETH

München – Mehrere deutsche Einzelhandelsketten haben angekündigt, nur noch Schweinefleisch zu verkaufen, das der 5D-Regel entspricht. Das ist Fleisch von Tieren, die in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet werden. Lidl will in den ersten Monaten 2022 auf 5D-Fleisch umsteigen, Rewe und Penny folgen im Sommer und Aldi stellt bis Ende nächsten Jahres um. Edeka und Norma haben auf unsere Anfrage bisher nicht reagiert.

Bisher setzten die Discounter auf 4D – die Ferkelgeburt erfolgte im Ausland. Mit der Umstellung fallen lange Transporte der Schweine in Zukunft weg. Laut Aldi ist das ein klares Bekenntnis zur deutschen Landwirtschaft.

Doch wie genau wird den Bauern aus Deutschland damit geholfen und welche Schwierigkeiten gibt es? Für die Schweinebauern sieht es zurzeit schlecht aus. Durch die Corona-Pandemie, die Afrikanische Schweinepest und den rückläufigen Konsum von Schweinefleisch in Deutschland sind die Fleisch-Preise stark gesunken (siehe untenstehender Bericht). Die Umstellung der Supermärkte auf die 5D-Regel soll den deutschen Schweinemästern helfen. „Grundsätzlich ist dieses Bekenntnis der Händler nur positiv zu bewerten“, lobt Markus Drexler, Sprecher des Bayerischen Bauernverbands. „Die 5D-Regel betrachtet den Weg eines Produkts von A bis Z, das ist auch für den Konsumenten mehr Information“, ergänzt er.

Ähnlich wird die Umstellung auch bei der Verbraucherzentrale aufgenommen. „Das ist sicherlich begrüßenswert. Bisher musste nicht gekennzeichnet werden, wo die Schweine geboren sind. Diese Lücke wird jetzt geschlossen“, erklärt Anja Schwengel-Exner, Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Bayern. Das aber ist ihr noch zu wenig: „Letztendlich ist dabei nicht erkennbar, wie die Tiere gehalten werden. Für Verbraucher bleibt es schwierig zu sehen, was die 5D-Regel mit Tierwohl zu tun hat.“ Das für Verbraucherschutz zuständige bayerische Ministerium sieht eine Verbesserung: „Das Bayerische Umweltministerium begrüßt Maßnahmen, die zu mehr Tierschutz, regionaler Vermarktung und dem Wegfall von Transportwegen führen“, so eine Sprecherin.

Allerdings entspricht nicht alles, was Schwein enthält, den Vorhaben: Bei Aldi sind internationale Spezialitäten wie Jamon Serrano, Bio-Produkte und Tiefkühlartikel von der 5D-Regel ausgeschlossen. „Das ist immer noch ein großer Teil des angebotenen Schweinefleischs, bei dem der Verbraucher nicht weiß, wie und wo die Tiere gelebt haben“, hadert Verbraucherschützerin Schwengel-Exner und fordert: Es müsse ein Siegel geben, auf dem jeder sehen könne, wo und wie die Schweine gehalten wurden.

Für die Bauern steht ein anderes Problem im Vordergrund: Wenn es ausschließlich regionale Produkte geben soll, müsse es auch vernünftige Preise für die Bauern geben. Die Kosten im EU-Binnenmarkt seien unterschiedlich. So sei die Kastration von Ferkeln unter lokaler Betäubung in Dänemark erlaubt. In Deutschland hingegen gebe es eine „kostenaufwendigere Lösung“, sagt er.

Verbraucher müssen in Zukunft damit rechnen, dass das Schweinefleisch mit durchgängig regionalem Ursprung wahrscheinlich teurer ist, erwartet Drexler. Daher sei er gespannt, wie sich das entwickelt, zumal Aldi Schweinefleisch zuvor vergleichsweise günstig verkauft hatte. „Die 5D-Regel ist toll, aber wer kommt für die Kosten auf?“, fragt er sich. „So ehrlich müssen die Discounter sein. Sie können den Kunden nicht versprechen, dass die Produkte zu 100 Prozent aus regionaler Haltung kommen und gleichzeitig mit billigen Preisen werben.“

Auch für die Verbraucher zentrale sind die zukünftigen Preise eine wichtige Angelegenheit. „Die Erzeuger müssen auf jeden Fall stärker unterstützt werden“, fordert Schwengel-Exner. Die ausschließlich innerhalb von Deutschland stattfindende Schweineverarbeitung habe ihren Preis, der schließlich von irgendwem bezahlt werden müsse. „Die Verbraucher müssen ziemlich sicher mit höheren Preisen rechnen“, bilanziert die Enährungsexpertin.

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