Wolfsburg – Nach mehrwöchigem Machtkampf mit Teilen des Aufsichtsrats soll VW-Konzernchef Herbert Diess sein Amt behalten. Zusätzlich wird 2022 jedoch der Leiter der Kernmarke Volkswagen, Ralf Brandstätter, in den Vorstand aufrücken. Das teilte das Unternehmen mit.
Diess selbst kümmert sich künftig vor allem um strategische Themen, etwa um die neue Software-Sparte Cariad. Die Gesamtsteuerung der Massenmarken wie VW, Skoda, Seat und leichte Nutzfahrzeuge fällt zunächst weiter ihm zu – zumindest bis zur Jahresmitte, wie er selbst sagte. Doch wird Brandstätter ab Sommer das wichtige China-Geschäft verantworten, das bisher Diess zugeordnet ist.
Die Zuständigkeit für die Marke VW Pkw im Vorstand soll dann Skoda-Chef Thomas Schäfer übernehmen. Zudem wurden weitere Personalien beschlossen. Die frühere Deutsche-Börse-Managerin Hauke Stars wird den neuen IT-Bereich im Konzernvorstand besetzen. Chefjustiziar Manfred Döss übernimmt das Rechtsressort von Hiltrud Werner. Audi-Managerin Hildegard Wortmann wird im Vorstand für den Konzernvertrieb verantwortlich.
Diess sieht sich nicht geschwächt. „Ich kann mich nicht über mangelnde Verantwortung beklagen“, sagte er. Es habe intensive Gespräche gegeben. „Ich glaube, dass wir den Dialog intensivieren können.“ Den Entscheidungen waren Spekulationen über Diess’ Zukunft vorausgegangen. Seit Ende September war die Lage äußerst angespannt.
Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch musste vermitteln. Das sei alles andere als gut gewesen, sagte Pötsch. Es gebe aber die Chance, wichtige Sachthemen „konstruktiv voranzutreiben“. Es war erneut zu einer Konfrontation mit dem Betriebsrat gekommen, nachdem Diess in einer Sitzung des Kontrollgremiums laut über die womöglich nötige Streichung von mehreren Zehntausend Jobs nachgedacht haben soll.
Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hatte Diess daraufhin intern sowie in einer Betriebsversammlung scharf angegriffen. Nun meinte sie, sie betrachte die Differenzen vorerst als abgehakt. Auch sie sei optimistisch, „dass wir bei den Themen vernünftig zusammenarbeiten können“. Gleichzeitig mahnte sie: „Ich habe kein Interesse, dass wir über solche Konflikte täglich in der Öffentlichkeit lesen. Das macht auch etwas mit der Belegschaft.“
Kontroverse Sichtweisen lägen indes in der Natur der Sache. Auch Niedersachsen als zweitgrößter Anteilseigner hatte angedeutet, Diess’ Stil nicht mehr voll mitzutragen.
Der Konzern legt bei seinen Ausgaben für das weltweite Werksnetz und neue Technologien im neuen Fünfjahreszyklus noch einmal deutlich drauf. Die Gesamtsumme beträgt 159 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte davon fließt in Themen wie E-Mobilität, Vernetzung und Software.
Allein in den niedersächsischen Standorten investiert VW 21 Milliarden Euro. Unter anderem das Zukunftsfahrzeug „Artemis“ wird in Hannover angesiedelt. Wolfsburg bekommt das Projekt „Trinity“, gewissermaßen den Elektro-Passat. Außerdem wird dort eine Fertigungslinie für den elektrischen ID.3 aufgebaut. In Hannover werden Hardware für Elektroinfrastruktur und Achsen für den Elektro-Baukasten gefertigt. Auch in Braunschweig und Salzgitter werden Elektro-Komponenten gebaut. Salzgitter soll auch europäischer Batterie-Hub von VW werden, mit Entwicklungszentrum und einer Gigafabrik für Batteriezellen.