München/Wiesbaden – Die Verbraucherpreise haben im November um 5,2 Prozent zugelegt. Das teilte das Statistische Bundesamt gestern mit und bestätigte damit eine erste Schätzung. Eine höhere Teuerungsrate war zuletzt im Juni 1992 mit damals 5,8 Prozent gemessen worden.
Die Europäische Zentralbank will die Inflationsrate eigentlich bei zwei Prozent halten. Bislang hat sie auf die von Monat zu Monat steigenden Teuerungsraten aber nicht reagiert. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte mehrfach erklärt, man halte das erhöhte Inflationsniveau für vorübergehend.
Dem widerspricht Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). „Der aktuellen Entwicklung bei der Inflation muss endlich Einhalt geboten werden“, erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Während die amerikanische Notenbank Fed bereits handele, lege man in der EZB die Hände in den Schoß, kritisiert er. Zwar fordere auch er keine sofortige Erhöhung der Leitzinsen. „Kein finanzpolitisch denkender Mensch würde das tun.“ Allerdings brauche es jetzt „ein Signal der EZB, dass sie die Inflationsrisiken ernst nimmt“, so der Minister. Durch ihr stoisches Abwarten versäume die EZB es, der Geldentwertung rechtzeitig gegenzusteuern, die die Bürger beunruhige. „Wir brauchen dringend eine Kurswende in der EU-Geldpolitik“, fordert Füracker. Vor allem die massiv steigenden Energiepreise zehrten am Einkommen.
Haushaltsenergie verteuerte sich innerhalb eines Jahres um 22,1 Prozent. Den stärksten Anstieg gab es dabei bei Heizöl, dessen Preis sich binnen eines Jahres verdoppelte. Sprit kostete 43,2 Prozent mehr als im November 2020. Ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate im November bei 3,4 Prozent gelegen.
Die Hauptlast der Inflation tragen laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ärmere Haushalte und Rentner. Für die Studie untersuchten die Ökonomen die Preissteigerung seit 1995 und die Konsumgewohnheiten der Deutschen. Das Ergebnis: Die Lebenshaltungskosten der einkommensärmsten Deutschen sind seit 1995 um fast 34 Prozent gestiegen, die der einkommensreichsten Haushalte dagegen nur um rund 28 Prozent.
Auch für alte Menschen stiegen die Lebenshaltungskosten stärker als für Junge: Ein 80-Jähriger mit durchschnittlichem Konsumverhalten zahlt heute demnach knapp 43 Prozent mehr für seinen Lebensstandard als ein vergleichbarer 80-Jähriger im Jahr 1995. Junge im Alter von 18 bis 24 zahlen dagegen nur rund 19 Prozent mehr.
Die Unterschiede lassen sich vor allem auf unterschiedliche Konsumgewohnheiten zurückführen: Arme Haushalte geben einen großen Teil ihres Einkommens für Miete, Gas, Strom und Lebensmittel aus. Reiche Haushalte kaufen dagegen vergleichsweise viele Elektrogeräte – die sind gemessen an der Qualität günstiger geworden. Von dem Effekt profitieren auch Jüngere: Sie kaufen mehr Elektronik und leben in kleineren Wohnungen oder Wohngemeinschaften. Ärmere Haushalte können sich den IW-Experten zufolge zudem schlechter vor Preissteigerungen schützen, weil sie einen großen Teil ihres Einkommens für lebensnotwendige Güter ausgeben. „Steigt dort der Preis, gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten“, erklären die IW-Experten. com, dpa