„Auf jedes Dach muss Photovoltaik“

von Redaktion

vbw-Präsident fordert Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien

München – Bereits seit zehn Jahren verfolgt die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) mit einer jährlichen Studie den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bayern – und zieht auch dieses Jahr eine ernüchternde Bilanz: „Bei der Energiewende klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander“, so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Dabei brauche es vollen Einsatz: „Auf jedes Dach gehört eine Photovoltaikanlage“, fordert Brossardt gestern in München.

Zudem spricht sich die vbw gegen die bayerische 10-H-Regel aus: „Wir müssen diese unnötige Restriktion stark verändern oder abschaffen“, forderte Brossardt. Die 2014 eingeführte Regel verlangt, dass ein Windrad mindestens das Zehnfache seiner Höhe von der nächsten Wohnbebauung entfernt ist. Seit ihrer Einführung ist der Zubau stark zurückgegangen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich gegen die 10-H-Regel ausgesprochen. Während CSU-Generalsekretär Markus Blume protestierte, zeigte sich der Koalitionspartner und bayerische Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (Freie Wähler) unserer Zeitung gegenüber offen: „Wir haben einen bürgerlichen Konsens für die Windkraft. Windräder in Wäldern zerstören das Landschaftsbild nicht so sehr.“ Jedes Windrad könne 10 000 Bürger mit Strom versorgen.

Daneben sei vor allem Tempo beim Netzausbau im Hoch- und Niederspannungsbereich wichtig. Dazu gehören sowohl die großen Verbindungstrassen, die etwa ab dem Jahr 2025 Nord- mit Süddeutschland verbinden sollen, als auch kleine Verzweigungen, um die dezentrale Einspeisung von Strom zu ermöglichen.

Mit Blick auf die Dekarbonisierung der Industrie will Brossardt neue Abkommen schmieden: „Spätestens ab 2030 muss Wasserstoff ein relevantes Element unserer Energieversorgung sein – einen großen Teil werden wir aber importieren müssen.“ Dabei hat der vbw-Hauptgeschäftsführer vor allem die Maghreb-Staaten in Nordafrika und Arabien im Blick. Besonders Saudi-Arabien will durch den Bau großflächiger Solaranlagen zu einem wichtigen Wasserstoffexporteur werden. Hier sei vor allem das Außenministerium in der Pflicht, entsprechende Verhandlungen voranzutreiben.

Entgegen der von der Bundesregierung geforderten Einstufung von Erdgaskraftwerken als „nachhaltig“ auf EU-Ebene sieht Brossardt die Technologie kritisch: „Erdgas ist vor allem teuer, damit werden wir es nicht schaffen.“ Gerade in Bayern sei im Grundlastbereich – also die dringend nötige Netzstabilität – durch Biogas und Wasserkraft einiges zu gewinnen.

Die Netzstabilität bewertet die von der vbw beauftragte Prognos AG indes noch sehr positiv: „Deutschland steht hier an der europäischen Spitze, in Bayern ist es sogar noch etwas besser“, hieß es seitens des Instituts.

Ein anderer Spitzenplatz bereitet den Industrievertretern jedoch Kopfzerbrechen: „Wir haben in der EU die zweithöchsten Strompreise, das ist Gift für eine Industrienation“, erklärt Brossardt. Denn so komme es zu einem schleichenden Abbau besonders der energieintensiven Industrie: „Dann ist natürlich die Frage, wo das nächste Werk gebaut wird.“ Der vbw-Hauptgeschäftsführer fordert deshalb die baldige Abschaffung der EEG-Umlage und eine Senkung der Stromsteuer von aktuell etwa zwei Cent pro Kilowattstunde auf das europarechtliche Mindestmaß von 0,2 Cent. SCHNEIDER

Artikel 3 von 5