München wird Leitwerk für Elektro-Lkw

von Redaktion

Der neue MAN-Chef setzt auch auf autonomes Fahren – Kein zusätzlicher Stellenabbau

München – MAN will seine Fertigung im Münchner Nordwesten in den kommenden Jahren zum Leitwerk für Elektro-Lkw umbauen und den Standort so auch langfristig sichern. „Wir werden für die Umrüstung und den geplanten Hochlauf der Fertigung von E-Trucks bis etwa Mitte des Jahrzehnts einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in München investieren“, kündigte der neue MAN-Chef Alexander Vlaskamp gegenüber unserer Zeitung an.

Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung am Standort München werde sich zudem verstärkt um das Thema autonomes Fahren kümmern. Noch in der ersten Jahreshälfte sollen erste Erprobungsfahrten im Freistaat beginnen, sagte Vlaskamp. Ein Versuchsfahrer werde immer an Bord sein und könne jederzeit das Steuer übernehmen, sagte der Niederländer.

Zugleich trat Vlaskamp Spekulationen entgegen, der Standort München könnte angesichts des laufenden Restrukturierungsprogramms und der teilweisen Produktionsverlagerung von München ins polnische MAN-Werk nach Krakau langfristig an Bedeutung verlieren. „München wird weiter unser Headquarter sein“, versicherte der neue MAN-Chef.

Der frühere Scania-Manager Vlaskamp hatte Ende November überraschend den damaligen MAN-Chef Andreas Tostmann abgelöst. Dem Führungswechsel waren heftige, auch öffentliche, Grabenkämpfe zwischen dem als eigenwillig geltenden Tostmann und dem MAN-Betriebsrat vorausgegangen. Zudem soll es auch innerhalb des Vorstands ein tiefes Zerwürfnis zwischen Tostmann und den übrigen Vorstandsmitgliedern gegeben haben. Dies habe am Ende den Ausschlag für die Ablösung Tostmanns gegeben, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person gegenüber unserer Zeitung.

Der neue MAN-Chef sicherte zu, es bleibe künftig bei der mit den Arbeitnehmern vereinbarten Personalstärke von 7500 Beschäftigten des Werks. Die Zielgröße solle bis Ende 2023 erreicht werden. Derzeit beschäftigt der Konzern in München insgesamt noch gut 8000 Mitarbeiter. Die verbleibenden rund 500 Arbeitsplätze werden vor allem über natürliche Fluktuation sowie Altersteilzeit abgebaut.

Wegen der Sparpläne war die Stimmung in der MAN-Belegschaft zuletzt aufgeheizt. Währnd Vorgänger Andreas Tostmann die harten Sparrunden gegenüber den Betriebsräten recht brachial durchgesetzt hatte, wirbt der Neue nun verstärkt um das Vertrauen der Belegschaft. Wiederholt spricht der Manager von Teams, mit denen er gemeinsam an der Zukunft des Nutzfahrzeugbauers arbeiten will.

MAN hatte 2020 einen operativen Verlust von 631 Millionen Euro eingefahren. Doch selbst in guten Jahren war das Unternehmen bei der Rendite deutlich hinter der Konzernschwester Scania zurückgeblieben. Nun wollen die Bayern bei der Profitabilität rasch wieder Boden gut machen.

Während bisher Fahrerkabinen für alle LKW exklusiv in München gebaut werden, wird nach dem Ausbau des Werkes bei Krakau ein Teil dieser Produktion nach Polen verlagert. Auch wird dort mittelfristig ein höherer Anteil schwerer Lkw gebaut. Allerdings muss das Werk Krakau zunächst die Fertigung der mittelgroßen Lkw aus dem Werk Steyr (Österreich) aufnehmen, das an einen österreichischen Investor verkauft wurde.

Neben dem Werk München soll auch das MAN-Motorenwerk in Nürnberg die Elektromobilität vorantreiben. Dabei setzt MAN auf Batterien. Schon heute werden bei Tests mit Stadtbussen Reichweiten von über 500 Kilometern erreicht, bei Lastzügen für den Fernverkehr will MAN in wenigen Jahren die 1000-Kilometer-Grenze knacken.

Im eMobility-Center im Münchner Werk, das im letzten Sommer eröffnet wurde, werden Mitarbeiter auf die Serienfertigung von Elektrofahrzeugen vorbereitet. Dort wird auch die entsprechende Serienproduktion simuliert und weiterentwickelt.

Beim Absatz lag MAN im Vorjahr mit 66 800 Lkw über sechs Tonnen zwar über dem Niveau von 2020, als nur 58700 Laster ausgeliefert werden konnten. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag der Absatz mit 82700 deutlich drüber. Allerdings zog der Auftragseingang bei MAN zuletzt dan. Bestellte Fahrzeuge konnten auch deshalb nicht ausgeliefert werden, weil es an Chips fehlte.

Mit Blick auf die Engpässe bei Halbleitern zeigte sich Vlaskamp vorsichtig optimistisch. Zwar machten die Lieferprobleme dem Konzern weiter zu schaffen, doch gebe es erste Anzeichen für eine Verbesserung. „Ab März könnte sich die Lage langsam beginnen aufhellen“, sagte Vlaskamp. „Wir arbeiten hart daran.“ Man hoffe, dass sich dieser Trend im zweiten Halbjahr fortsetze. MARTIN PREM

THOMAS SCHMIDTUTZ

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