Die klimapolitische Diskussion in Deutschland ist paradox: Die Politik überbietet sich mit immer ehrgeizigeren Klimazielen in immer kürzerer Zeit, ohne zugleich ausführlich über die geeigneten Instrumente und gesellschaftlichen Kosten zu sprechen.
Der emotional aufgeladene, mit Katastrophenbildern arbeitende Wettlauf um die ambitioniertesten Klimaziele verdeckt, dass Klimapolitik zuvorderst gerecht und effizient sein muss, wenn sie erfolgreich sein will. Klimaschutz ist aus Gerechtigkeitsgründen geboten: Keine Generation darf die natürlichen Ressourcen im Übermaß für sich nutzen und späteren Generationen ungebührliche Lasten auferlegen.
Gerechtigkeit verlangt aber auch, die in der Gegenwart anfallenden Klimaschutzkosten fair zu verteilen.
Um die ambitionierten Klimaziele bis 2050 oder gar bis 2045 zu erreichen, werden wir unseren Konsum und unsere Produktionsaktivitäten erheblich ändern und auch einschränken müssen.
Dabei gebietet es die politische Aufrichtigkeit, den Bürgern die mit dem Ziel der Klimaneutralität verbundenen Kosten klar zu kommunizieren. Denn wer Kosten gerecht verteilen will, muss sie zuallererst transparent offenlegen und dadurch die Entscheidungsmacht der Bürger stärken.
In der alleinigen Fokussierung auf den Klimaschutz gerät leicht aus dem Blick, dass die Vereinten Nationen im Jahr 2015 siebzehn Ziele nachhaltiger Entwicklung benannt haben, die die menschlichen Bedürfnisse umfassend widerspiegeln. Und der Begriff der Nachhaltigkeit umfasst bekanntlich die drei Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Wo diese Ziele miteinander in Konflikt geraten, ist politische Kompromissfindung gefragt. Wo aber alles dem Klimaschutz untergeordnet wird, wird die dringend erforderliche Debatte über Klimagerechtigkeit vermieden.
Gerechtigkeit und Effizienz haben viel miteinander zu tun: Wo eine Gesellschaft akzeptierte Ziele auf ineffizienten Wegen verfolgt, werden überflüssige Kosten produziert. Menschen zahlen dann mehr, als nötig gewesen wäre, um die Ziele zu erreichen. Eine ineffiziente Klimapolitik schädigt so insbesondere Gruppen mit geringem Einkommen, die durch steigende Klimaschutzkosten überdurchschnittlich stark belastet werden. Eben deswegen ist Effizienz selbst ein Gebot der Gerechtigkeit.
Eine kosteneffiziente Klimapolitik verlangt nach einem marktlichen Ausgleich über alle Sektoren und Wirtschaftsräume hinweg. Denn Effizienz ist nur durch die Mechanismen des Marktes und eben nicht durch staatliche Lenkungen und Interventionen zu erzielen. Und nur in einem marktwirtschaftlichen Umfeld werden sich Innovationen und neue Technologien herausbilden, die als sogenannte Game Changer wesentlich zur Klimaneutralität beitragen.
Es ist der „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ und nicht der Staat, der darüber entscheidet, wann und wo sich der Einsatz welcher Technologie lohnt.
In der Energiepolitik zeigen sich die Konsequenzen einseitiger Klimapolitik in aller Deutlichkeit: Mit dem überhasteten Ausstieg aus der Kernenergie stößt Deutschland in der EU auf wenig Verständnis und begibt sich in eine geopolitisch immer brisanter werdende Abhängigkeit vom russischen Erdgas. In der Konzentration auf Wind- und Solarenergie geht die Bereitschaft verloren, alternative Energieformen zu erforschen und auszuprobieren. So hat denn auch das „Wall Street Journal“ die deutsche Energiepolitik im Januar 2019 als die „dümmste Energiewende der Welt“ bezeichnet. Viele andere Länder sind eher bereit, auf einen breiten Energiemix und technologische Offenheit zu setzen.
Klimaschutz ist ein internationales Gemeinschaftsgut. Nationale Klimaschutzziele eines emissionskleinen Landes, sie mögen noch so ambitioniert sein, reichen ohne internationale Abstimmung nicht aus. Sie laufen Gefahr, zur Symbolpolitik zu werden, die im schlimmsten Fall für Deutschland wirtschaftliche Nachteile produziert, ohne dabei dem Weltklima substanziell zu helfen.